Full text: E. von Sydow's Schul-Atlas

für jeden Punkt auf dem 50stc» Grade nördlicher 
Breite, und jeder solcher Punkt hat durch diese 
Stellung der Kugel seine zugehörige Polhöhe 
erhalten, denn der Nordpol erhebt sich um eben 
so viel Grade über die Ilorizontiläche, wie der 
Punkt vom Aequator absteht, d. i. 50 Grad. 
Zur Lösung von einer Menge Aufgaben, 
welche sich auf den scheinbaren täglichen und 
jährlichen Sonnenlauf beziehen, muss der Ilori- 
zontring mit folgenden Eintheilungen und An¬ 
gaben versehen sein: 
1) Eintheilung der vier Quadranten des Kreises 
in je 90 Grad, 
2) Eintheilung in die 12 Zeichen des Thier¬ 
kreises zu 30 Grad, 
3) Eintheilung in die 12 Monate des Jahres 
und deren Tage, und 
4) Eintheilung in die Himmelsgegenden des 
Horizontes. 
Fig. 37«—<i giebt diese Eintheilung unmittel¬ 
bar an, und die Zusammensetzung der in den 
vier Winkeln verzeichneten Quadranten würde 
einen vollständig eingerichteten Horizontring 
ergehen. Die Lösung aller auf Zeitbestimmungen 
bezüglichen Aufgaben bedarf noch der besonderen 
Vorrichtung, dass sich zwischen dem Nordpol der 
Kugel und dem Meridianring an der Achse ent¬ 
weder ein beweglicher Zeiger befindet, den man 
auf die Zahlen des Zifferblattes beliebig stellen 
kann, oder dass sich — wie hier bei Z ange¬ 
nommen — das Zifferblatt als eine selbstständige 
kleine Scheibe um die Achse drohen lässt. Die 
Ausrüstung des Globus kann endlich vervoll¬ 
ständigt werden durch Zugabe eines Compasses, 
den man gemeiniglich unter der Stütze T an¬ 
bringt. 
So nothwendig wie nun auch der Globus zur 
ersten Orientirung auf der Erdoberfläche ist, so 
stellen sich doch für den praktischen Gebrauch 
destty mehr Unbequemlichkeiten ein, je grösser 
die Abbildung der Erde gewünscht wird, und 
liegt endlich nur das Bedürfniss vor, sich auf 
einzelnen Theilen der Erdoberfläche durch Ab¬ 
bildungen derselben in grossem Maassstabe zu 
orientiren, so wird die Anwendung des Globus 
nachgerade unausführbar. Wollte man auf einem 
Globus das Bild der Erdoberfläche 800,000mal 
kleiner sehen, wie in natürlichem Verhältniss, 
so würde sein Durchmesser 420 Fuss lang, d. i. 
um 1 Fuss länger sein müssen, wie die Höhe 
des Stephansthurmes in Wien, oder wollte man 
das Bild von Europa um 4,000,000mal kleiner 
sehen, wie in der Natur, also gerade wie unsere 
Wandkarte von Europa, so müsste der betreffende 
Globus einen Durchmesser von 8, Fuss haben, 
und wollen endlich unsere Schüler einen Globus 
haben, auf dem Deutschland nur so gross er¬ 
schiene wie auf den Karten No. 9 und 10 in 
diesem Atlas (d. i. 6,000,000ma) kleiner wie in 
Wirklichkeit), so müsste derselbe etwas über 
5 Fuss hoch, also von Manneshöhe sein. Diese 
Beispiele weisen genügend nach, welchen grossen 
Vorzug unsere Karten, das sind die Abbildungen 
der Erde, oder ihrer einzelnen Tlieile, auf der 
ebenen l'apierflache, haben, wenn sie nur mit 
solchen Einrichtungen versehen sind, welche 
das richtige Verhältniss als Ganzes oder Theil 
der Kugelfläche erkennen lassen. Zunächst wird 
dem entgegen gekommen durch eine möglichst 
natürliche Verzeichnung des Gradnetzes, welches 
durch das Durchschneiden der Breiten- und 
Längenkreise auf der Kugeloberfläche gebildet 
wird. Man nennt diese Verzeichnungsart „Pro- 
jection” (d. i. „Entwurf”) und wird deren ver¬ 
schiedene aufstellen können, je nachdem der 
Gesichtspunkt wechselt, von welchem man aus¬ 
geht. Zuvor ist es nothwendig, sich die mathe¬ 
matischen Beziehungen der Kugel noch einmal 
recht klar zu machen, und namentlich die Zer¬ 
legung derselben in Aus- und Abschnitte. Zer¬ 
schneidet man eine Kugel (Fig. 38) durch gerad- 
flächige Ebenen in Richtung der Meridiane NBS 
und NAS, so treffen die Schnittflächen in der 
Achse zusammen und die Kugel zerfällt in Aus¬ 
schnitte, welche durch Meridianebenen begrenzt 
sind und von denen Fig. 39 einen darstellt. 
Zerlegt man aber die Kugel durch gerade Schnitt¬ 
flächen in Richtung des Aequators (BQ, WR, 
GF etc.), so wird sie in Abschnitte getheilt, 
begrenzt durch Parallelebenen. Fig. 40 stellt 
die sechs Abschnitte der Kugel Fig. 38 auseinan¬ 
der genommen vor. Die Ebenen der Breiten¬ 
kreise und Meridiane durchschneiden sich über¬ 
all rechtwinkelig, die Meridiane nähern sich 
einander immer mehr, je weiter entfernt vom 
Aequator, bis sie in den Polen zusammenstossen; 
die Breitenkreise werden immer kleiner, je näher 
den Polen, aber sie bleiben stets einander 
parallel. 
Will man sich eine einfache Vorstellung 
machen von der Art, wie körperliche Gegen¬ 
stände auf ebener Fläche abzuzeichnen wären, 
so denke man sich mit dem Auge vor einer 
Glastafel und hinter dieser den abzuzeichnenden 
Körper. Ohne seinen Gesichtspunkt zu ver¬ 
rücken, müsste man nun den Umriss des Körpers 
und alle Punkte, Linien und überhaupt bezeich¬ 
nenden Theile desselben auf der Tafel an der¬ 
jenigen Stelle mit irgend einer erkennbaren An¬ 
lage versehen, wo dieselben durchschimmerten, 
so dass die Contouren des Bildes auf der Glas¬ 
tafel den Körper in allen seinen Theilen ganz 
entsprechend deckten. Nehmen wir an, dass 
wir uns mit der Glastafel einem Globus gegen¬ 
über befänden und wollten sein Gradnetz von 
verschiedenen Punkten aus auftragen, so würden 
sich Breiten- und Längenkreise recht verschieden 
darstellen; aber in keinem Falle könnten wir 
mehr wie eine Halbkugel übersehen. Läge unser 
Auge in Verlängerung der Achse, also gerade 
einem Pole gegenüber, so müssten wir auf der 
Tafel den Pol als Mittelpunkt eines mit dem 
Aequator zusammenfallenden Kreises markiren, 
alle Breitenkreise als concentrische Kreise um 
denselben und die Meridiane als gerade aus¬ 
einanderlaufende Linien, also als Radien; wir 
hätten eine „Polar - Projectinn" verzeichnet und
	        
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