ihren Augen, mein Boy alles! Einen simplen Gaul hatten sie wohl schon
gesehen, aber „ein Pferd, das doch kein Pferd ist“, das war
ihnen neu, unfaßbar. Hunderte von Menschen, meist Weiber und
Kinder, folgten uns. Schließlich versuchte ich mein Heil in der
Flucht, denn dieser wilde Haufen beleidigte Ohr und Nase. Ich
ließ meinen Boy, da es der Weg erlaubte, vorradeln und gab
meinem Gaul die Sporen. Doch das Gebrüll wurde zum Orkan, und
all die Hunderte von Menschen rasten, einer über den anderen stürzend,
in wilden Sprüngen mit. Da ließ ich halten und den Leuten sagen, es
wäre jetzt genug des grausamen Spiels, sie sollten ihren Yamstöpfen
zusteuern. Noch lange winkten sie, bis uns der Busch wieder auf nahm.
Um 6 Uhr nachmittags erreichte ich müde und matt Mpoti, wo eilends
Lager geschlagen wurde. Am folgenden Morgen kam ich um 9 Uhr in
Bismarckburg an, wo ich die Freude hatte, Seine Hoheit, Leutnant
v. Rentzell und Dr. v. Raven gesund begrüßen zu können. Ich hatte
die alte, schon längst nicht mehr besetzte Station Bismarckburg erreicht.
Als verlassene Warte schaut sie von Bergeshöhe auf weite Täler hernieder.
Noch stehen die alten primitiven Häuser, doch die Spuren des Verfalls
sind überall deutlich sichtbar. Erinnerungen an vergangene Zeiten nehmen
einen gefangen! — Seine Hoheit marschierte am 6. Februar mit v. Rentzell
und v. Raven ab, jetzt hause ich, gleich einem Eremiten, auf einsamer
Höhe, von der herunter lustig die schwarz-weiß-rote Flagge weht. Auf¬
fallend ist, wie stark die Kropfbildung hier vertreten ist. Vor allem
bei Frauen sieht man sie ständig, bei Männern bedeutend weniger. Fast
jede dritte oder vierte Frau hat einen Kropf, der oft kolossale
Größen annimmt. Wohl sah ich im Sokodegebiet einzelne Frauen mit
Kropfbildung, hier hingegen scheint es zur Regel zu gehören. Die Ur¬
sache der Erkrankung ist den Leuten unbekannt. Ich möchte beinahe
glauben, es ist zurückzuführen auf die Zusammensetzung des Wassers.
14. Von Misahöhe nach Bimbila*.
Wer heute von der Hauptstadt Lome das Bezirksamt in Misahöhe be¬
suchen will, hat’s sehr bequem, da er bis Palime, am Fuße des Agome-
gebirges, mit der Bahn hinauffährt. Von dort geht’s auf gut gehaltener
Straße bergan zur Station, die sich auf einem kleinen, durch den Pflanzer
* H. Seidel, Deutsche Kolonialzeitung, Jahrg. 1911, S. 386--388. Berlin.
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