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Dritter Theil, 2te Abth.: Die historische Zeit.
2) Bürgerliche Gewerbe.
130.
Der begüterte athenische Bürger wurde, wie die Mitglieder der
übrigen Staaten, von seinen Sklaven ernährt und konnte sich um so
ungehinderter den Staatsangelegenheiten widmen. Das ganze Leben
war hier, wie überhaupt im Alterthume, weit mehr ein öffentliches als
ein Familien- und Privatleben; im eigenen Hause hielt sich der Athener
nur wenig auf: Kriegsdienst, Volksversammlungen, Gerichtssitzungen,
Amtsverrichtungen, öffentliche Lustbarkeiten, zu denen auch die Schau¬
spiele gehörten, Gastmälcr, mündliche Unterhaltungen über die verschie¬
denartigsten Gegenstände von Interesse theils an öffentlichen Oertern,
theils bei Bekannten und Freunden, waren das, was ihn vorzugsweise
beschäftigte; seine physischen Bedürfnisse waren nicht groß und die,
welche er hatte, wurden theils durch die Sklaven befriedigt, theils durch
den Staat, wenigstens seit der Zeit, wo Volksversammlungs- und
Richtersold bezahlt wurde. Jndeß gab es doch Biele, welche die Ober¬
aufsicht über ihre Arbeiter führten oder sich auch mit Gewerbsgegenstän-
den selbst beschäftigten. Dahin gehörte zunächst die Land w i rthscha ft,
wie unter anderen die Schriften beweisen, welche von Hellenen über
dieselbe geschrieben sind; sie galt als gerecht und naturgemäß und war
deßhalb geachtet. Man trieb 'Ackerbau, Weinbau, Oelbau, Viehzucht,
Bienenzucht; in den Obst - und Küchengarten machte man mehrere
glückliche Versuche, fremde Früchte nach Attika zu verpflanzen. — Nicht
unbeträchtlich war auch die Zahl derer, welche durch ihre.Sklaven den
Bergbau betreiben ließen. Außer den Marmorbrüchen verdienen
hier besonders die Silberminen von Laurion erwähnt zu werden.
Man erkaufte dazu die Erlaubniß vom Staate und verpflichtete sich, den
vierundzwanzigsten Theil des Gewinnes zu entrichten. In der Kunst, die
Metalle zu gewinnen, besonders in der Kunst des Ausscheidens, scheint
man nicht weit gekommen zu sein.
131.
^In Hinsicht auf die städtischen Gewerbe beschäftigte sich nur
der ärmere Burger mit Handwerken (ßavavno t, ol idQuZoi, ts^vZtul
'üu.L naQu ßuvvo), o eoTi xafxivo), £oyov dian&¿fievoi. Arist. polit.
VIII, 2.3); der reichere ließ in seinen Fabriken und Manufakturen
durch Sklaven arbeilen. Männer von altadeliger Gesinnung entschlossen
sich auch hierzu nicht leicht; von Seiten des Staates aber geschah Man¬
ches für die Belebung des Gewerbfleißes; selbst Ehrenbelohnungen
scheint man für die Künste ausgesetzt zu haben. Zu einer bedeutenden
Vollkommenheit hatte man es im Bearbeiten der Metalle (im Schmie¬
den und Gießen) und in der Bereitung des Leders gebracht. Von irgend
einer Beschränkung der Gewerbefreiheit findet sich keine Spur; auch von
einer Gewerbesteuer wissen wir nichts (außer von einem hoqvmov ti-
lo’g). — Nähere Betrachtung verdient der athenische Handel. Die
glückliche Lage des Landes, die Güte der Häfen, so wie die Nothwendig-
keit, viele Produkte aus dem Auslande zu holen, begünstigten denselben
Schaaff, Leitfaden. 2r Theil. Ite Abtheil. g