Metadata: Die Poesie in der Schule

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Zieht es mit eigner Hand Begibt sich noch einmal aufs Wandern. 
MEin Beinchen nach dem andern Die Reise macht diesmal viel Beschwer, 
Und begibt sich aufs Wandern. bh Kein Weg, kein Steg war ringsumher. 
Doch den Berg hinauf Dem Veilchen flimmert's vor dem Blick, 
Geht es nicht in so raschem Lauf, Es schwindelt, es kann nicht wieder zurück; 
Es muß sich verpusten, muß öfter ruhn. Da setzt es die letzte Kraft noch daran 
15 Endlich, mit niedergetretnen Schuh'n, Zum Tode ermattet kommt's oben an. 
Auf beschwerlicher Bahn, 7 Ach, da war der Boden von Stein, 
Kommt's Veilchen oben an, Kann mit den Füßchen nicht hinein. 
Pflanzt sich dort wieder ein Der Wind, der bläst so hart, 
Im hellen Sonnenschein. Das Veilchen vor Frost erstarrt; 
50 „Ei,“ spricht es, „hier ist's schön, Es zappelt mit allen Würzlein, 
Aber alles kann man doch nicht sehn; 75 Bedeckt sie mit demgrünen Schürzlein, 
So ein Berg Friert sehr an Händen und Beinen; 
Ist doch nur ein Zwerg. Da fängt's bitterlich an zu weinen; 
Auf der Alp da droben, Die blauen Bäckchen werden weiß, 
bh Das wür' eher zu loben, Die Tränen gefrieren darauf zu Eis. 
Da möcht' ich wohl sein! 80 „Ach! wär' ich geblieben im Tale dort!“ 
Da guckt' ich bis in den Himmel hinein, Das war Blau⸗Veilchens letztes Wort; 
Hörte die Englein musizieren, Darauf sank es um 
Säh unsern Herrgott die Welt regieren!“ Und blieb stumm. 
bO Und aus dem Berge, wo es stand, Hast du im Tal ein sichres Haus, 
Zieht es wieder mit eigner Hand 85 Dann wolle nie zu hoch hinaus! 
Ein Beinchen nach dem andern, 
22. Trost. (Gottes Zucht.) Fried. Karl de la Motte FPoudqué, 
geb. 1777 zu Brandenburg, war kurze Zeit preußischer is und starb 1843 in Berlin. 
Frauen⸗Taschenbuch. Nürnberg 1816. S. 187.) 
1. Wenn alles eben käme, 2. Nun fällt — eins nach dem andern, — 
Wie du gewollt es hast, Manch' süßes Band dir ab, 
Und Gott dir gar nichts nähme Und heiter kannst du wandern 
Und gäb' dir keine Last: Gen Himmel durch das Grab. 
Wie wär's da um dein Sterben, Dein Zagen ist gebrochen, 
Du Menschenkind, bestellt? Und deine Seele hofft. — 
Du müßtest fast verderben, Dies ward schon oft gesprochen, 
So lieb wär' dir die Welt. Doch spricht man's nie zu oft. 
23. Die Birke und die Tanne. Agnes Franz, 
geb. 1794 zu Militzsch in Schlesten starb 1843 als Vorsteherin einer Armenschule in Breslau 
arabeln, Essen 1841.) 
(Die Birke spricht:) Du alte Tanne im dunkeln Kleid, 
Du solltest dich schämen zur Frühlingszeit! 
Sieh, wie ich mit festlichem Grün mich geschmückt, 
Daß jeder mich voll Freude erblickt. 
Bald kommt das Pfingstfest, da wirst du mich sehn 
Als Zierde vor jedem Hause stehn; 
Doch deine ernste, finstre Gestalt 
Begehret niemand im ganzen Wald. — 
Dle Tanne antwortet: O Virke, prahle nicht so kühn 
Mit deinem schönen, jungen Grün! 
Wohl trag' ich zur Sommer⸗ und Winterzeit 
Dasselbe schlichte, dunkle Kleid; 
Doch wenn ich im Herbst noch grüne am Hügel, 
Steckst du als Rute schon hinter dem Spiegel. 
O wie dich die Kinder fliehen erschrocken! 
Ich aber in meinen krausen Locken 
Darf als Christbaum zu ihrem Behagen 
Die schönsten Weihnachtslichter tragen.
	        
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