Full text: Die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung

A. Die Völkerwanderung und die Begründung des 
Monotheismus. 
I. Der Sieg des Chriftenthums über das Heidenthum. 
1. Oie christliche Lirchc der ersten Jahrhunderte. 
§. 172. Die Römer waren gegen die heidnischen Religionsformen ande¬ 
rer Völker sehr duldsam, wie schon daraus hervorgeht, daß sie nicht bloS die 
griechische Götterwelt, sondern auch das Religionswesen des Orients, der 
Chaldäer, Perser, Aegypter und Syrer allmählich annahmen. Da 
aber das Christenthum keine Verbindung mit dem Heidenthume zuließ, die 
Christen alle Theilnahme an den Festen und Religionsgebräuchen der Heiden 
ängstlich mieden, Kriegsdienste und Staatsämter verschmähten und sogar im 
täglichen Verkehr sich absonderten, da erwachte der Haß des Volkes und das 
Mißtrauen der Regierenden und eö ergingen schwere Verfolgungen über die 
aus allen Völkern und Ständen gemischten Bekenner des Evangeliums. Zehn 
Chriftenverfolgungen werden erwähnt, von den Tagen des Nero, wo Pe¬ 
trus und Paulus ihren Tod gefunden haben sollen, bis ins erste Jahrzehnt 
des vierten Jahrhunderts, wo Diocletian und Galerius die Bekenner 
des gekreuzigten Heilandes durch Folter und Beil zum Opferaltar trieben, die 
Kirchen niederbrannten und die heiligen Schriften den Flammen übergaben. 
Selbst der edle Marcus Aurelius glaubte den Starrsinn der vermeintlichen 
Schwärmer gewaltsam brechen zu müssen, und die kurze Regierung des Kaisers 
DeciuS ist durch eine der heftigsten Christenverfolgungen denkwürdig gewor- 2.10. 
den. Aber die Glaubensfreudigkeit, womit die Blutzeugen (Märtyrer) 
Marter und Tod ertrugen, mehrte die Zahl der Bekenner, so daß man mit 
Recht das Blut der Märtyrer den „Samen der Kirche,, genannt hat. Die Ver¬ 
folgten verbargen sich in unterirdischen Gängen (Katakomben), bei den 
Gräbern ihrer Lieben, in Höhlen nnd Bergschluchten; die Bedrängniß erhöhte 
ihr Gottvertrauen, und die Zahl der Abtrünnigen, welche die Bibel zum 
Verbrennen auslieferten oder vor den Bildsäulen der Kaiser räucherten, war 
gering gegen die der standhaften Bekenner, die als „Streiter Gottes und 
Christi" dem bei der Taufe geleisteten „Fahneneid" im Leben -und Tod treu blie¬ 
ben. Alle Armen und Gedrückten, alle Mühseligen und Beladenen erfaßten mit 
freudigem Herzen die Botschaft des Heils, die den Gläubigen im Erdenleben 
Menschenrechte, Bruderliebe und Tröstung gewährte, die dem Tode seinen 
Stachel nahm und der Hölle ihren Sieg. Während der Jahre der Verfolgung 
verbreitete sich das Christenthum durch die inwohnende Kraft der Wahrheit 
und durch äußere günstige Umstände nach allen Himmelsgegenden, so daß es 
ichon im dritten Jahrhundert, noch ehe Consta nt in dasselbe zur Staats¬ 
religion erhob, die Grenzen des Römerreichs überschritt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.