Luther und seine Freunde. 45
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gesucht den rechten Fleck; dem Gedanken prägte sich von
selbst die Lebhaftigkeit des Temperaments und die Stärke
der Ueberzeugung auf, und das Originellste, was er sagte,
klang faßlich und bekannt wie ein Sprüchwort. Uebcr-
dieß schrieb er nicht mich Art der Humanisten und Pfaf.
fen lateinisch, sondern durchweg in seiner geliebten Mut»
tersprache, um die er sich die größten Verdienste erworben
hat; denn er fand sie, sonderlich was die Prosa anbelangt,
in einem rohen Zustande, und wußte sie auf eine so schö¬
pferische Weise zu beseelen, daß heute noch seine schwung¬
vollen, kcrnbaften Ncden wie ein Donnerwort jedem Deut¬
schen ans Herz dringen. Auch mußte die schwäbische
Mundart, welche noch von den Hohenstaufen her in der
Schriftsprache herrschte, durch sein Ansehen verdrängt, der
m e i s n i sch e n Platz machen. Der ohnehin mächtige Ein¬
druck seiner Schriften wurde dadurch gesteigert, daß überall
schon ein Gefühl von Unbehaglichkeit eingctreten war, und
man immer klarer erkannte, es müste vor allen Dingen
in der Kirche anders werden. Ausdrücklich hatte man im
Wahlantrage den Kaiser verpflichtet, Alles abzuschaffen,
was der römische Dos wider die Cvncordate deutscher Na¬
tion vvrgenommen habe, und die Rcichsstände übergaben
dem päbstlichen Gesandten zu Worms ein Verzeichniß von
101 Beschwerden, die sich auf äußerliche Mißbräuche,
Geldcrprcffung, Pfründenvcrkauf und schlechte Besetzung
geistlicher Stellen bezogen. Das Volk aber las und hörte
mit Jubel, was von Luther ausgieng, verhöhnte den
Doctvr Eck, als er die Bannbulle nach Erfurt brachte, riß
an mehreren Orten dieselbe herunter, und verwandelte
Luthers Reise nach Worms in einen Triumphzug. Solche
Anerkennung hat der herzhafte Mann ohne Falsch voll¬
kommen verdient; denn mit demjenigen, was tausend
Andre zur Schau trugen, ist cs ihm allein Ernst gewesen:
cr lebte und starb als Patriot im edelsten Sinne des