Erzählende Gedichte.
15. Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.
16. Und sieh! und sieh! an weißer Wand,
Da kam's hervor wie Menschenhand
17. Und schrieb und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer und schrieb und schwand.
18. Der König stieren Blicks da saß,
Mit schlotternden Knieen und totenblaß.
19. Die Knechteschar saß kalt durchgraut
Und saß gar still, gab keinen Laut.
20. Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
21. Belsazer ward aber in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht.
Beine.
165. Kassandra.
1. Freude war in Trojas Hallen, 4. „Alles ist der Freude offen,
Eh' die hohe Feste fiel; Alle Herzen sind beglückt,
Jubelhymnen hört man schallen Und die alten Eltern hoffen,
In der Saiten goldnes Spiel. Und die Schwester steht geschmückt.
Alle Hände ruhen müde Ich allein muß einsam trauern,
Von dem tränenvollen Streit, Denn mich flieht der süße Wahn,
Weil der herrliche Pelide Und geflügelt diesen Mauern
Priams schöne Tochter freit. Seh' ich das Verderben nahn.
2. Und geschmückt mit Lorbeerreisern, 5. „Eine Fackel seh' ich glühen,
Festlich wallet Schar auf Schar Aber nicht in Hymens Hand;
Nach der Götter heil'gen Häusern, Nach den Wolken seh' ich's ziehen,
Zu des Thymbriers Altar. Aber nicht wie Opferbrand.
Dumpf erbrausend durch die Gassen Feste seh' ich froh bereiten,
Wälzt sich die bacchant'sche Lust, Doch im ahnungsvollen Geist
Und in ihrem Schmerz verlassen Hör' ich schon des Gottes Schreiten,
War nur eine traur'ge Brust. Der sie jammervoll zerreißt.
3. Freudlos in der Freude Fülle, 6. „Und sie schelten meine Klagen,
Ungesellig und allein, Und sie höhnen meinen Schmerz.
Wandelte Kassandra stille Einsam in die Wüste tragen
In Apollos Lorbeerhain. Muß ich mein gequältes Herz,
In des Waldes tiefste Gründe Von den Glücklichen gemieden,
Flüchtete die Seherin, Und den Fröhlichen ein Spott!
Und sie warf die Priesterbinde Schweres hast du mir beschieden,
Zu der Erde zürnend hin: Pythischer, du arger Gott!
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