Geschichte der Römer, i Abschn. örp
Einst sah er den Kaiser über einige Verbrecher Ge-
richt halten, und merkte wohl, daß derselbe eben
an dem Tage zu den strengsten Bestrafungen ge¬
neigt war. Mäcenas, der nicht bis zu seinem
Richterstuhle dringen konnte, warf ihm einen Zet¬
tel in den Schoos, worauf er die Worte geschrie¬
ben hatte: Steige doch einmal herab, du
Scharfrichter! Diesen scherzhaften Verweis
nahm der Kaiser so wohlauf, daß er die Gerichts¬
sitzung sogleich endigte. Allein berühmter, als
durch alles übrige, wurde Macenas durch seine
ausnehmende Gewogenheit gegen die gelehrtesten
Männer seiner Zeit. Man pflegt noch, ihm zum
ehrenvollen Andenken, vornehme Gönner und Be¬
schützer der Gelehrten Mäcenaren zu nennen:
und sie verdienen diesen Namen alsdenn eigent¬
lich, wenn sie, gleich ihm, auch Kenner der Ge-
lehrsamkeit selbst sind. Er lebte in der vertrau¬
lichsten Freundschaft mit den scharfsinnigsten und
sinnreichsten Gelehrten unter den Römern, beson¬
ders mit dem Virgilius und Horanus. Dieser
letztere hat ihn daher auch durch feine und wah,
re Lobsprüche der Nachwelt verehrungswürdig ge¬
macht. Augnstus gewann durch den Mäcenas
desto mehr Liebe und Hochachtung gegen solche
vortreffliche Männer. Er wurde zugleich ihr
Wohlthater und ihr Freund im täglichen llmaan-
ge; und auch er hat einen großen Theil seines
immerwahrenden Ruhms durch die unvergleich¬
lich schönen Stellen erlangt, welche sie zu seiner
Ehre in ihren Schriften eingerückt haben.
VIII.