Vit Gesurldheilslehre. 197
12. Von der Schönheit und Vollkommenheit
des menschlichen Körpers.
Schön ist der Mensch nur dann, wenn sein von Natur
wvhl gestalteter Körper gesund und vollkommen, d. h.
ohne àbrechen ist. Gesundheit und Vollkommenheit des
Körpers ist füt* jedes Geschlecht, für jedes Alter, das
einzige Schönheitsmittel; alle andere Mittel, welche
Thorheit, Eitelkeit und Betrug erfunden haben, sind
elender Tünch, der wieder abfällt, und traurige Spuren
feines Mißbrauchs hinterlaßt. Und wodurch wird Ge¬
sundheit erlangt Y Nur durch den freien Gebrauch und
durch die beständige Uebung des Körpers in den ersten
eilf Jahren des Lebens, so lange das Kind noch Milch¬
zähne hat. Ferner: durch den Genuß der freien, reinen
Luft; durch Waschen und Baden, leichte und freie Klei¬
dung; durch einfache und nahrhafte Speisen, und Was-
sertrinken. .Wodurch wird die Vollkommenheit deS-Kör¬
pers erlangt Y Wenn der Körper, welcher in den ersten
eilf Jahre durch freie Sclbsttbätigkeit in allen leichten
Bewegungen geübt, und dadurch geschmeidig gemgchc
wurde, nach dem eilften Jahre durch Leibesübungen und
körperliche Spiele mit der gehörigen Vorsicht in al¬
len schweren Bewegungen geübt, und dadurch stark ge¬
macht wird.
Dabei müssen sich Kinder gewöhnen, ihren Körper
gerade, aufrecht, mit hoher Brust, nnd aufgerichtetem
Kopfe zu tragen und zu halten, wenn sie stehen oder ge¬
hen, oder sitzen. Es ist dagegen sehr schädlich, nachläs¬
sig, krumm und schief zu gehen, zu stehen, oder zu sitzen;
es ist schädlich die Brust einzuziehen, den Kopf auf die
Brust hängen zu lassen, und von der Seite zu sehen.
Doch die Gesundheit und Vollkommenheit des Kör¬
pers macht nicht allein die Schönheit des Menschen aus;
denn Vernunft und gute Gesinnungen sind die' eigen¬
thümlichsten und größten Vorzüge des Menschen. Wenn
also euer Körper noch so gesund und noch so schön ist,
und ihr habt ein zorniges; rachgieriges oder zänkische-
und halsstarriges Gemüth, seyd ungehorsame oder faule,
oder leichtsinnige Kinder, so wird euch kein vernünftiger
Mensch un: eures schönen Körpers willen liehen und ach-