Object: Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen

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ihr hinauf und trugen sie hinab zum Strome, aus dem sie nicht zurück¬ 
kehrte. — Der Steuermann in meiner Nähe rief ein langgezogenes Ho! 
an bestimmter Stelle gegen die Felswand, und 17mal tönte das Ho! zurück. 
Die Uferhöhen zur Linken gehören noch immer dem Hunsrück 
an, die zur Rechten dem Taunus. Sanft gewunden wie eine Schlange 
gleitet der Rhein zwischen ihnen hin, und das Auge haftet bald an den 
kühnen Bergformen, bald an den stattlichen Burgen und Burgruinen, bald 
auch an den Ortschaften, deren Häuserchen und Kirchlein wie aus einer 
Spielschachtel auf das schmale Gesims zwischen Strom und Fels aufge¬ 
setzt erscheinen. Jetzt mündet zur Rechten die Lahn, welche Ober- und 
Niederlahnstein, ebenso Taunus und Westerwald scheidet. Bald steigen 
drei Brücken vor uns auf, die zwischen Koblenz und dem auf hohem 
Felsen gelegenen Ehrenbreit st ein, dem zweiten Doppelposten der 
Rheinwacht, ausgespannt sind. Das stolze Königsschloß, wo Kaiserin 
Augusta so gern weilte, blickt zu uns herüber. 
Unmittelbar hinter Koblenz wirft sich eine der Rheintöchter dem 
Vater in die Arme: die stattliche Mosel. Die Höhen weiter stromab 
zur Linken gehören nun der Eifel an. Das Bild bleibt das alte, es ist 
alles so traut. Ja, dieses Stück Erde muß den Anwohnern ans Herz 
wachsen, in ihrem Munde vor allem hat das Dichterwort den rechten 
Klang: 
Sie sollen ihn nicht haben, Sie sollen ihn nicht haben, 
den freien, deutschen Rhein, den freien, deutschen Rhein, 
ob sie wie gier'ge Raben so lang sich Herzen laben 
sich heiser darnach schrein, an seinem Feuerwein, 
So lang er, ruhig wallend, 
sein grünes Kleid noch trägt, 
so lang ein Ruder schallend 
in seine Wogen schlägt! 
So lang in seinem Strome 
noch fest die Felsen stehn, 
so lang sich hohe Dome 
in seinem Spiegel sehn! 
Wir nähern uns zwei Inseln. Die größere ist Nonnenwert, 
ihr zur Rechten ragt die Burg Drachenfels auf, zwar zerborsten, 
aber auch in Trümmern noch schön, und zur Linken Rolandseck. Dort 
hat er einst gesessen in tiefer Wehmut, der gewalüge Held Roland, den 
Blick auf das fülle Kloster der Insel gerichtet, wo seine Verlobte, Hilde¬ 
gunde vom Drachenfels, des Himmels Braut geworden, da sie ihn tot 
geglaubt. Er wartete jeden Tag, bis sie am Fenster sich zeigte, bis ihr 
schönes Antlitz sich ins Tal neigte; beim Abendgesange glaubte er ihre 
Sümme zu hören, und sein Herz sagte ihm auch, daß das frische Grab, 
das er im Klostergarten ausgeworfen sah, für sie besümmt war. Bald 
darauf rief ihn sein Herr und Kaiser nach Spanien, wo sein armes Herz 
auch zur Ruhe kam. Am Drachenfels haften auch noch andere Er¬ 
innerungen : hier schlug Siegfried einst den Drachen, der die schöne 
Kriemhilde geraubt, und am Loreleifelsen hat der Sage nach der grimme 
Hagen den Nibelungenschatz versenkt. Wieder taucht eine Brücke vor uns 
auf, sie verbindet Bonn mit dem rechten Rheinufer. Und da ragt dein 
Bild auf am Gestade, du treuer Eckart unsers Volks: Ernst Moritz Arndt!
	        
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