Full text: Realienbuch für Volks-, Bürger- und Töchterschulen

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geschlossener Narbe noch völlig in der Blüte steckt. Dann erst wächst dieser durch 
die Röhre hindurch und fegt dabei, da er oben rings mit kurzen „Feghaaren“ besetzt 
ist, den Blütenstaub mit hinaus, der nun von den mancherlei Insekten abgestreift 
wird, die den Honig aufsuchen, der sich in der Blütenröhre sehr reichlich absondert. 
Dann erst klafft die Griffelnarbe auf und wird, da die innern Scheibenblüten später 
als die äußern blühen, mit fremdem Staub bestreift. 
Die knollige Sonnenblume oder Roßkartoffel (Topinambur) hat 
kleinere Blüten und einen ausdauernden Wurzelstock dessen tnollige Verdickungen zu 
Viehfutter dienen. Beide stammen aus Südamerika. 
b. Die Pflanzen und das Licht. Die Sonnenblume hat ihren Namen teils 
von ihrer Gestalt, teils davon, daß ihre Blumen (bes. die sich neu öffnenden) dem 
Laufeder Sonne folgen. WMnlich verhält sich die kleine Sonnenwende (das Heliotrop). 
— Viele Pflanzen schließen während der Nacht ihre Blüten (manche senken sie zu— 
gleich dabei) und öffnen sie auch an trüben Tagen nur teilweise (Zweck?), z. B. der Löwen— 
zahn, Wiesenbocksbart (Habermartk), die Zichorie, Winde, das Windröschen (Anemone) 
u. am. Manche lassen abends ihre Blätter sinken, wie z. B. der Klee, Sauerklee, 
die Bohne, Roßkastanie, Akazie und Linde (Tag- und Schlafstellung). — Die Zimmerpflanzen 
kehren sich dem Fenster zu. Anter dem Einflusse des Lichtes bildet sich das Blattgrün 
der grünen Pflanzenteile (das in zahllosen Körnchen in den Zellen enthalten ist) und 
der Farbenschmelz der Blüten. Pflanzen, die im Duntkeln keimen, bleiben blaß 
und hinfällig, wie z. B. die Kartoffelkeime im Keller, die der Lichtöffnung zustreben. 
c. Ernährung und Atmung der Pflanzen. Die Pflanzen ziehen ihre Nahrung 
teils mit den Wurzeln aus der Erde, teils mit den Blͤttern aus dar Luft 
1), Mit den Wurzeln saugen sie aus dem Boden Wasser auf, in welchem in 
geringer Menge verschiedene mineralische Stoffe RNährsalze) aufgelöst sind, 
z. B. Kalt, Schwefelh Phosphor, Eisen, Kiesel, Kali (in Pottasche und Salpeter ent. 
halten) u. a. Werden die Pflanzen verbrannt, so bleiben diese Stoffe als Asche zurück. 
Die Aufsaugung geschieht durch die Saugwurzeln, die dicht mit feinen Saug- 
härchen besetzt sind. Die Spitzen der Saugwurzeln dringen im Boden immer weiter 
vor und sind deshalb zum Schutze vor Verletzung mit einer dünnen Hülle, der Wurzel— 
haube, überkleidet. Sie scheiden Säure aus, um die Mineralstoffe zu lösen, falls das 
Wasser dies nicht bereits getan hat. — Notwendigkeit des Düngens. 
2) Die Blätter dienen den Pflanzen zum Atmen. Sie haben nämlich, und 
zwar gewöhnlich auf der Anterseite, zahllose feine Spaltöffnungen (Poren). Mit diesen 
ziehen sie aus der Luft hauptsächlich Kohlensäure ein. 
Diese, eine schädliche Luͤftart, ist eine innige Verbindung 
von Kohlenstoff und Sauerstoff Eebensluft) und entsteht 
beim Atmen, Verbrennen, Gären und Verwesen. Die 
Pflanzen zerlegen nun durch ihre Blattgrünkörperchen 
die Kohlensäure in ihre zwei Bestandteile. Den Sauer— 
stoff atmen sie wieder aus, den Kohlenstoff aber behalten 
sie zum Aufbau ihres Körpers, welcher also seiner 
Hauptmasse nach aus der Luft stammt. Auf geheimnis- 
volle Weise wandeln die Blätter Kohlenstoff, Wasser 
und Nährsalze in Körperbildungsstoffe bes. 
Stärke, Zucker und Eiweiß) um, die zum Wachstum 
und zur Erhaltung der Pflanze nötig sind. Diese Zer— 
legung der Kohlensäure geschieht aber nur unter Mit— Blattzellen und Spaltöffnungen. 
wirkung des Sonnenlichtes, also am Tage; 
im Dunkeln geht sie nicht vor sich. Einige Pflanzen, wie die Hauswurz, der Mauer— 
pfeffer und die Flechten, ziehen ihre Nahrung und Feuchtigkeit fast einzig aus der Luft. 
ie Pflanzen haben außer der Kohlensäureatmung, welche ein Ernährungs- 
borgang ist, noch eine eigentliche Atmung, bei welcher sie wie alle lebenden Wesen 
ständig etwas Sauerstoff ein- und Kohlensäure ausatmen (infolge des Stoffwechsels). 
Aber während bei Tag die Ausscheidung des Sauerstoffes weit überwiegt, geben sie 
nachts nur Kohlensäure, wenn auch wenig, von sich. Daher hält man in Schlaf—- 
räumen keine Blumen. Die Blättet sind also gleichsam die Lungen und die Ver 
dauungsorgane der Pflanzen. 
Bemerkung: Die Spaltöffnungen münden in einen kleinen Luftraum, der 
mit andern Hohlräumen des Blattes in Verbindung steht. Sie werden je durch
	        
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