28 Altertum. 
hervor. Die Darstellungen auf den Reliefplatten lassen besonders auf 
eine hohe Entwicklung der Weberei und des Kunstgewerbes schließen. 
Die Industrie gab Anlaß zu lebhaftem Handel, Ninive verdankte einen 
großen Teil seiner Bedeutung dem ausgebreiteten Transithandel, welcher 
ihm durch seine glückliche Lage möglich wurde; da der Tigris erst von 
Ninive ab für größere Ladungen schiffbar wurde, so mußte die Stadt 
der Stapelplatz für alle von Westen und Nordwesten, aus Armenien 
nnd Kleinasien herkommenden Waren werden, welche südlich geschafft 
werden sollten; vermittels des ausgedehnten Kanalnetzes aber, welches 
ganz Mesopotamien bedeckte, konnte man von Ninive aus alle babyloni¬ 
schen Platze, namentlich auch Babylon selbst, direkt erreichen. Anderer¬ 
seits nahmen die im Altertume so hoch geschätzten Erzeugnisse Indiens 
ihren Weg über Ninive, und hiermit war dieser Stadt eine reiche Quelle 
des Wohlstandes geöffnet. Daher heißt es in der h. Schrift Nah. 3, 
16, es seien mehr Kaufleute in Ninive als Sterne am Himmel, und 
Ezech. 27, 23 wird Assur unter denjenigen angeführt, welche den bedeu¬ 
tendsten Handel mit Phönizien betrieben und Webestoffe dorthin lieferten. 
Aus diesem Wege flössen reiche Schätze nach Assyrien, zumal nach Ninive: 
„es war kein Ende des Reichtums an aller Art wertvollen Geräts". 
(Nah. 2, 9). Dieser Reichtum wurde dann durch unermeßliche Kriegsbeute 
unglaublich vermehrt. 
Die Menge der assyrischen Kriegszüge gab zuletzt dem Volk sein eigen¬ 
tümliches Gepräge. Die Reliefdarstellungen der Paläste zeigen den Assy¬ 
rier fast nur in der Kriegsrüstung, und alle Künste der Kriegführung 
erscheinen auf diesen Bildern hoch entwickelt. Demnach sind auch die Sitten 
der Bewohner nicht anders gewesen, als sie von einem reichen und an Blut¬ 
vergießen gewöhnten Volke zu erwarten sind. Es läßt sich hier die oft 
wiederholte Bemerkung machen, daß die politische und geistige Entwicklung 
einer Nation nicht auch auf die sittliche Ausbildung derselben zu schließen 
erlaubt. Die Assyrier besaßen bis zu bewundernswertem Grade alle die 
Eigenschaften, welche den Krieger ausmachen: Körperkraft, Mut, Ausdauer, 
Geschick, Kaltblütigkeit; allein für jede edlere Regung waren sie unzugäng¬ 
lich- Sie waren, wie Nahum (3, 1) sie schildert, ganz von Trug und Ge¬ 
waltthat voll; kein Volk hat so das Recht des Stärkeren mißbraucht wie 
die Assyrier aus ihren Heereszügen. Die eroberten Städte wurden erbar¬ 
mungslos zerstört, die gefangenen Kämpfer unter entsetzlichen Qualen ge¬ 
tötet. Hunderte von Städten nennt Sennacherib in seinen Siegesberichten, 
von denen er sagt: „Ich habe sie eingenommen und niedergerissen; ich habe 
sie mit Sturm genommen und in einen Aschenhaufen verwandelt; ich habe 
daraus eine Wüste und einen Trümmerhaufen gemacht; ich habe das 
feindliche Land wie mit einem Besen gefegt." „Meine Siegestrophäen", 
sagt er, „schwammen im Blute der Feinde wie in einem Strome. Meine
	        
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