Kap. i. Von den Pflichten gegen Gott. 9
nleßen, weil wir zu viele Unvollkommenheiten an uns
haben, die theils von unfern natürlichen Mangeln;
theils von unsrer Nachlaßigkeit; theils von unsrer vor-
schlichen Verabsaumung der schuldigen Pflichten entste¬
hen. Dennoch können wir dieser Glückseligkeit schon
gegenwärtig in einem höhern Mcmße genießen, je ge¬
nauer wir die Befehle Gottes befolgen, und je mehr wir
uns die Beobachtung unsrer Pflichten angelegen senn las¬
sen. Die vollkommenste mögliche Erfüllung der Pflich¬
ten ist der vollkommenste mögliche Grad der Verehrung
Gottes. Und jeder Mensch ist verpflichtet, nach der
Erreichung dieses vollkommensten möglichen Grades zu
streben.
§. 7.
Die Verehrung Gottes oder die Religion ist die
höchste Vollkommenheit der menschlichen Seele. Voll¬
kommenheit der menschlichen Seele ist Weisheit. Der
Mensch ist der weiseste, der Gott am vollkommensten
verehret. Alle unsre Handlungen taugen nichts; wenn
wir nicht bey jeder derselben unsre Rücksicht auf die Ver¬
ehrung Gottes nehmen. Der Werth, den ein Mensch
seinen Handlungen selbst beylegt, ist eingebildet. Nur
durch die Religion erhalten sie erst den Werth und die
Rechtmäßigst.
§. 8-
Wir haben also eine allgemeine Verbindlichkeit auf
uns, Gott, als das höchste und allervollkommenste We¬
sen zu verehren. Eben diese Verbindlichkeit verpflichtet
uns auch zur Beobachtung aller übrigen vorgeschrübenen
Pflichten.
A; §- s-