Full text: Erster Unterricht vom Menschen und den vornehmsten auf ihn sich beziehenden Dingen

Die Ursachen der Völkerwanderung. Das römische Reich. 
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ist: das Christentum. Seit Constantin dem Großen war das Christen¬ 
tum nicht mehr mit Verfolgung und Bedrückung bedroht; es war 
vielmehr von all dem Glanze einer mächtigen Reichskirche um¬ 
geben, welche in enger Verbindung stand mit dem universalen Staat 
und mit diesem den universalen, über die Nationen hinausreichenden 
Grundgedanken gemein hatte. So trat es denn den Germanen nicht in der 
Gestalt der apostolischen Gemeindekirche, sondern in der einer organi¬ 
sierten Bischofs- und Synodalkirche entgegen. Ein Priester¬ 
stand, Klerus (y.lfjQog), hatte sich gegenüber dem Stande der Laien 
(Äcrog) gebildet und nahm für sich allein das Recht des Lehramts 
und kirchlicher Handlungen in Anspruch. Er gliederte sich in mehrere 
Stufen; an der Spitze standen Bischöfe (ztiLg'aotioi) , die für Nach¬ 
folger der Apostel galten und die Tradition der Kirche vertraten. 
Die Bischöfe einer Provinz traten zu Synoden zusammen; an ihrer 
Spitze stand der Metropolitanbischof. Das erste allgemeine, ökume¬ 
nische Konzil trat in Nicäa unter Constantins Leitung zusammen; - 
dort wurde die Lehre des Arius von der Wesensähnlichkeit Christi 325. 
mit Gott Vater (öfioLOvola) verworfen und die des Athanasius von 
der Wesensgleichheit'(piioovoLa) anerkannt; und nach mannigfachen 
Wechselfällen behielt die letztere endlich die Oberhand. Eine be¬ 
sonders hohe Stellung wurde den Bischöfen von Rom, Konstantinopel, 
Alexandrien, Antiochien, Jerusalem als Patriarchen zugesprochen; 
unter ihnen nahm die Kirche von Rom, weil sie nach der Über- Der römische 
lieserung von dem „Apostelfürsten" Petrus gegründet, noch mehr BMof. 
weil Rom die Welthauptstadt war, schon damals die erste Stelle 
ein und verteidigte sie mit Erfolg gegen die Ansprüche des Bischofs 
der neuen Hauptstadt Konstantinopel. 
Indessen war der Zug der Weltflucht, der Askese (aoytrjoig, 
Übung), der in der Entwickelung des Christentums frühzeitig aufgetreten MSnchwm. 
war, nicht verloren gegangen, sondern führte eben jetzt zur Ent¬ 
stehung und Ausbreitung des Eremiten- und Mönchtums. Als 
der erste Eremit wird Antonius genannt, der sich in die Wüste 3. Jahrh. 
Oberägyptens zurückzog, und dem viele dorthin folgten. Der Gründer 
des ersten Klosters — auf einer Nilinsel — war Pachomius. 
Für das abendländische Klosterwesen wurde die Gründung des Klosters 4. Jahrh. 
Monte Cassino durch Benedikt von Nursia bestimmend, der die 529. 
Mönche auf das Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Ge¬ 
horsams verpflichtete; die Benediktinerregel fand schnell weite Ver¬ 
breitung. 
Das erste Germanenvolk, unter dem sich das Christentum ver¬ 
breitete, waren die Westgoten. Ihr Apostel wurde, als sie an der Wulfila. 
unteren Donau saßen, der orionische Bischof Wulfila, der Sohn 
eines kleinasiatischen Kriegsgefangenen; er übersetzte die Bibel in die
	        
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