2. Einfluß der Gedank. u. Handl. auf;c. 247 
denn je näher ein Volk noch dem rohen Nalurstande ist, 
desto weniger zeigt eS sich zu Ausschweifungen in Hin« 
sicht auf jenen Trieb geneigt. Unter uns dagegen, wo 
die Vernunft (vornämlich Wissbegierde und Phantasie) 
schon in der Kindheit geweckt wird, regt sich auch der 
Geschlechtstrieb vor der Zeit und stärker, als es nach 
der Anlage der Natur seyn soll, indem die Vernunft 
zuerst und hauptsächlich, wie oben bemerkt wurde, ihre 
Kräfte an denjenigen Dingen übt, weiche zur Befriedi¬ 
gung der Naturtriebe dienen. Was ist aber dabei zu 
thun, da wir eben jezt auf dieser Stufe der Kultur ster 
hen? Wie kann man dem Uebel abhelfen? — Diese 
Frage ist seit einiger Zeit mehr als sonst zur Sprache 
gekommen, und hat eine Menge lehrreicher Beantwort • 
tungen veranlaßt. In der That verdient sie auch ihrer 
Wichtigkeit wegen die Beherzigung eines jeden für daS 
Wohl seiner Kinder besorgten Vaters und Lehrers, und 
es war die höchste Zeit, das; es zu öffentliche» Verhand« 
lungen darüber kam. Vielen gutmeinenden, aber mit 
dem Geist unsrer Jugend nicht genug bekanten Perso« 
nen hat es Uebertreibung geschienen, was von der All¬ 
gemeinheit des sich lange vor der Zeit der Reife regen« 
den Geschlechtstriebes, so wie von den schrecklichen Fol¬ 
gen desselben, gesagt worden ist. Allein man muß, 
meines Erachtens, wenig Vertrauen zu der Glaubwür« 
digkeit jener Männer haben, die doch vermöge ihres 
Amts, als Aerzte und Erzieher, solche Erfahrungen 
wohl machen konnten. Auch ich bin meinen bisherigen 
Beobachtungen zu Folge fest überzeugt, daß unsre Kinr 
der in der Regel schon von ihrem vierten, fünften Iah« 
re an auf diesen Trieb und auf alles, was darauf Be¬ 
ziehung hat, aufmerksam werden, und daß man daS 
Gegentheil nur als Ausnahme anzusehen habe. Sie 
O, 4 denken
	        
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