3. Fähigkeit d. Seele, sich über d. Irdische:c. 349
war ein reizendes paradiesisches Gefilde, dessen Bewohr
ner ein glückliches Leben in ungestöhrtem Genuß aller
sinnlichen Freuden führten; der Ort der Gottlosen hinr
gegen war ein finstrer grausenvollec Abgrund, wo die
ausgesuchtesten Martern ohne Aufhören ihnen ihr Dar
seyn zum Gegenstand der Verwünschung machen. Nach
einem andern System erhob man den Ort der Seligen
über die Erde, und setzte ihn in eine unbestimmbare
Gegend dort hin, wo Sonne, Mond und Sterne glanr
zen, und wo Gott selbst mit den ihn umgebenden selir
gen Geistern zugegen seyn soll. Man »ante diesen Ort
Himmel. Die Hölle wurde ebenfalls mit Geistern und
einem Obersten derselben, dem Teufel, beseht, welche
die Quaalen der Verdammten auordnen und besorgen
mußten. Dies sind noch jezt unter den gemeinen Christen
die Vorstellungen, die sie von Himmel und Hölle haben.
Die Meinung, daß Gott willkührlich lohne und
strafe, ist so alt, als die Idee von Gott selbst, oder
vielmehr: Glück und Unglück, in so fern cs unabhänr
gig von menschlicher Macht ist, führte zuerst auf den
Begriff von Gottheiten, welche beides nach Gefallen
den Menschen zutheiltcn. Auch psiegen die Menschen
selbst einander ihr Wohlwollen oder ihren Unwillen
durch ganz willkührliche Handlungen zu beweisen, und
nur sehr spät und bei einem hohen Grade der Kultur
entwickelt sich der Begriff von den natürlichen guten
und bösen Folgen (Strafen und Belohnungen) der
Handlungen. Eltern z. B. bestrafen den Ungehorsam
ihrer Kinder entweder mit harten Verweisen, oder mit
Entziehung ihrer Liebe und gewisser Wohlthaten, oder
mit körperlichen Züchtigungen. Aber cilles dies sind
keine natürlichen Folgen des Ungehorsams, denn diese
Strafen stehen in keiner so nothwendigen Verbindung
mit