Die Gesellschafts-Inseln. 501
ihre Kammerfrauen in ihre Residenzhütte tragen, und
machte an ihm selbst den Arzt. Sie ließ ihn nemlrch aus,
ziehen, und dann mußten ihn ihre Frauenzimmer am gan,
zen Leibe auf eine geschickte Art reiben, wodurch er wieder
hergestellt wurde. Darauf legte sie ihm mit eigenen Hän,
den ein taheitisches Gewand an, schmückte seinen Hut mit
einem prächtigen Federbusch, und wand ihm eine Schnur
von Menschenhaaren um den Hals, die ihr eigenes Haar
und ihre eigene Arbeit waren. Die nemliche Cur und
gleiche Gefälligkeit genossen von ihr auch die übrigen Kran,
ken. Darauf bewirthete sie die ausländischen Gäste fast
täglich, und brachte wechselsweise ihre Zeit auf dem Schiffe
derselben zu. Und alö nun der Capitai» Miene zur Ab,
reise machte, vergoß sie einen Strom von Thränen, und
bat mit inniger Wehmuth und unter Darbringung vieler
Geschenke den Capirà, daß er länger bey ihr bleiben
möge. — Dies, Kinder, sind auch Wilde, aber schuldlose,
liebenswürdige Wilde. Ich habe Euch mit Willen einige
Züge ihres Herzens erzählt, damit Ihr sehet, daß der
Mensch allenthalben in jedem Winkel der Erde gut und
rechtschaffen seyn kann, wenn er nicht durch den Misbrauch
der Affekten, oder durch böses Beispiel, oder durch Tyran,
nsy verdorben wird. Freylich hat dies gutmüthige Völk,
chen, so wie alle Bewohner der Südländer, eine Gewöhn,
heit, die anfänglich strafbar scheint: sie eignen sich alles
zu, was ihnen gefällt, und sie nahmen daher auf den eur
ropäischen Schiffen weg, was sie nur bekommen konnten.
Ihr werdet diese Gewohnheit stehlen nennen, so lange
Ihr nicht bedenket, daß auf diesen friedlichen Inseln eine
Art der Gemeinschaft der Güter herrscht, wo jeder Ein,
wohner das Vermögen seines Mitbürgers nach Gefallen
geniessen kann.
Nun