Object: Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen

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auf einem Rheinschiffe nach Köln und von da nach Lüttich, wo er bei dem 
kaisertreuen Bischof eine freundliche Aufnahme fand. Von hier aus widerrief 
der Kaiser seine aufgezwungene Abdankung. Darauf brachten die kaiserfreund- 
lichen Rheinstädte ein Heer zusammen. Es schien zwischen Vater und Sohn zu 
einem offenen Kampfe kommen zu sollen. Aber der Tod verhinderte den neuen 
Bürgerkrieg: Kaiser Heinrich starb im August 1106 zu Lüttich. Sein Leichnam 
aber fand keine Ruhe; er wurde auf einer Maasinsel in uugeweihter Erde 
bestattet. Von hier aus wurde er nach Speyer gebracht. Endlich im Jahre 1111 
wurde der Bann von dem toten Kaiser genommen; nun konnte der Leichnam 
der Kaisergruft im Dome zu Speyer übergeben werden. 
7. Kaiser Heinrich V. 
Unter Kaiser Heinrich V. kam es mit dem Papste wegen der Investitur zu 
neuen Streitigkeiten. Heinrich zwang sogar den Papst, auf jedes Belehmmgsrecht 
der Geistlichen zu verzichten. Kaum aber hatte Heinrich Rom verlassen, so wider- 
rief der Papst den Vertrag, weil er ihm aufgezwungen worden fei. Endlich kam 
es im Jahre 1122 zum Wormser Konkordat; es wurde bestimmt: die Bischöfe 
und Äbte werden unter Beisein des Kaisers oder seines Gesandten von den Dom- 
Herren gewählt; darauf belehnt sie der Papst mit dem geistlichen Amte, indem er 
ihnen Ring und Stab überreichen läßt. Nun erst erhalten sie vom Kaiser den Welt- 
liehen Besitz durch Überreichung des Zepters. Damit war die Reichsverfassung, 
wie sie Otto der Große geschaffen hatte, wesentlich geändert. Die enge Verbindung 
zwischen Krone und Geistlichkeit war zerrissen; der Papst war vollständig unab- 
hängig vom Kaiser geworden. Die Macht der weltlichen Fürsten war naturgemäß 
gestiegen, sie gewannen entscheidenden Einfluß bei der Verwaltung des Reiches. 
9. Die Kreuzzüge. 
1. Der erste Kreuzzug 1096—1099. 
a) Veranlassung und Vorbereitung des Zuges. 
Schon in den ersten Jahrhunderten nach der Geburt Christi zogen viele 
fromme Christen nach dem Heiligen Lande, um an den Stätten, an denen ihr 
Herr und Heiland gelebt und gelitten hatte, zu beten. Mit einem langen, dunkeln 
Kleide angetan, mit einem Kreuze versehen, mit einer Tasche und einem Stabe 
ausgerüstet, wanderten die Pilger entweder an der Donau entlang, um von 
Konstantinopel aus den Boden Palästinas zu betreten, oder sie überschritten die 
Alpen, bestiegen in Pisa oder Genua ein Schiff, durchfuhren das Mittelmeer 
und landeten in einem Hasen an der Küste Kanaans. Anfangs fanden die Wall- 
fahrer freundliche Aufnahme; die Kaiser von Byzanz unterstützten sogar die Züge, 
weil sie einsahen, daß ihre Untertanen davon einen erheblichen Vorteil hatten. 
Im siebenten Jahrhundert geriet zwar das Land der Verheißung in die Hände 
der mohammedanischen Araber, aber die Behandlung der Christen blieb dieselbe. 
Sie hatten freien Zutritt zu allen heiligen Stätten, sie konnten gehen und kommen, 
wie sie wollten. Das wurde aber anders, als die T ü r k e n, die ursprünglich in Mittel-
	        
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