in das historische Studium.
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Inschriften, auf Tafeln, Steinen, Säulen und Gebäuden be¬
findlich, drücken etwas Geschehenes aus in der Absicht, es öffentlich zu
erhalten und auf die Nachwelt zu bringen; bey ihrem historischen Ge¬
brauche wird die Untersuchung über Erfindung, Kenntniß und besonders
spärlichen oder allgemeineren Gebrauch der Schreibkunst unter einem
Volke und in einem Zeitalter vorausgesetzt. Die Inschriftenkunde,
Epigraphik, ertheilt Vorschriften über die angemessene Ausmittelung der
Aechtheit (schon im Alterthume oft erweisbar zu verwerfen: s. Dahl¬
mann hist. Forsch. 1 S. 291;Annius Vit. st. 1L02; Alex. Gher-
hardini st. 1525; Pyrrho Ligorio 1552; Curzio Jnghirami
1637 u. a.) und der wahren, durch Verstümmelung, Unlesbarkeit und
Ergänzung- oder Deutungversuche verdorbenen Gestalt der Inschriften;
so wie über die Grundsätze ihrer Auslegung, welche ohne Kenntniß der
Sprache und der Schriftzüge nicht gelingen kann, wenn gleich die regel¬
mäßige Entzifferungkunst einige Hülfe leistet. Als gültiges Zeugniß wird
lediglich das erachtet, was sich unmittelbar auf das Geschehene bezieht
und es muß von der hinzugefügten Ausschmückung oder von dem, was
sich als Urtheil ankündigt, streng geschieden werden. Der Vorrath an
Inschriften ist sehr beträchtlich; die der alten Welt zeichnen sich durch reiche
Mannigfaltigkeit und historische Ergiebigkeit aus. Mit Uebergehung der
räthselhaften indischen und keilförmigen, der nur zum Theile entzifferten
ägyptischen Hieroglyphen und der wenigen dunkeln phönikischen, richtet
sich die Aufmerksamkeit des Historikers vorzüglich auf die, seinen Fleiß
durch fruchtbare und fortschreitend neue Ausbeute belohnenden griechischen
und römischen, für deren vollständig-kritische Sammlung und angemessene
Erklärung, nach allen Vorarbeiten seit dem I5ten Jahrh., noch sehr viel
geschehen muß; sie bieten gehaltvollen, ächten Stoff für Zeit- und.Ortbe¬
stimmungen, für genaue Erforschung einzelner Thatsachen und deren Ur¬
heber und Theilnehmer, für Kenntniß des öffentlichen und häuslichen Le¬
bens dar und versprechen der gesammten Alterthumswissenfchaft ansehn¬
liche Bereicherung. Dürftiger ist die Erndte aus den Inschriften des Mit¬
telalters; merkwürdig sind die arabischen, die vielen in den westeuropäi¬
schen germanischen Staaten, besonders für Kirchen- und Litteraturge-
schichte wichtig, und die historisch geringhaltigen Runensteine der Skan¬
dinavier. Für die neuere Zeitgeschichte gewähren die in großer Menge
überall vorhandenen Inschriften Ausbeute an schätzbaren Notizen.
Beherzigenswerther Vorschlag zu einer Inschriften-Chrestomathie in I. D. M i-
chaelis Raisonnement über Protest. Univ. Th. 1 S. 172 fl. — Sammler
alter I.: Cyriaco von Ancona 1450 u. v. a.; I. B. Doni 1731; L. A.
Muratori 1739. 4. F.; Supplem. von L. Donati 1764; Kritik Chr.