Full text: Lehrbuch der Weltgeschichte

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Das achtzehnte Jahrhundert. 
1701 
1702. 
gingen bald zu den Verbündeten über, so daß nur Max Emanuel, 
Kurfürst von Bayern (dem Ludwig den Besitz der Niederlande, wo jener 
Statthalter war, zugesagt) und dessen Bruder, der Erzb. von Köln, 
Ludwigs Bundesgenossen blieben; ans Oestreichs Seite dagegen standen 
nicht nur die meisten Fürsten Deutschlands (besonders Brandenburg, 
dessen Kurfürst Friedrich für diesen Beistand in Bezug ans das 
Herzogthum Preußen mit der König swürd e geschmückt, und 
Hannover, für das kurz zuvor eine neunte Kur errichtet worden war) 
sondern auch die Seemächte England und Holland, dieses ans Furcht 
vor Frankreichs drohender Uebcrmacht wenn Ludwig XIV. auch über die 
span. Besitzungen verfügen könnte, jenes nach einigem Zaudern aus Zorn, 
als der franz. König den Prätendenten Jakob (III.) Stuart bei dem 
Tode seines Vaters als König von England anerkannte. Aber Spanien 
empfing den franz. Thronerben mit Jubel und ergriff die Waffen zum 
Schutze des bourbonischen Königs Philipp V., dessen ganze 
Natur spanisches Gepräge trug, und dessen Charakterschwäche und Trüb¬ 
sinn an die Habsbnrgischen Regenten erinnerte, deren Blut in seinen 
Adern rollte. Erst später gelang es dem östreich. Thronbewerber in Cata- 
Ìoliteti, Aragonien und Valencia sich eine Partei zu schaffen. 
§. 600, Höchstadt. Was diesmal so entschieden das Kriegs¬ 
glück an Oestreichs und Englands Fahne knüpfte, war, daß die beiden 
größten Feldherren der Zeit, Prinz Eugen von Savoyen und der 
Herzog von Marlborough, die Heere führten. Jener, aus einer dem 
savoyischen Fürstenhause verwandten in Frankreich ansässigen Familie 
entsprossen, verließ das Land seiner Geburt, wo dem nach Kriegsruhm 
strebenden aber für den geistl. Stand bestimmten Jüngling keine Lauf¬ 
bahn offen stand, um in den östreich. Heeren dem Drang seiner krie¬ 
gerischen Natur zu folgen. Sein Feldherrntalent entschied den Türken¬ 
krieg zu Oestreichs Vortheil, und welchen Umschwung das kaiserl. Kriegs¬ 
wesen unter seiner Leitung genommen, zeigte sich gleich im Anfang 
des gegenwärtigen Kriegs, als er ohne eine Schlacht zu liefern den 
wackern Ca lina t durch einen meisterhaften Feldzug aus Italien drängte. 
Dadurch gewann Oestreich das Vertrauen der übrigen Mächte; und 
da bald nachher Malborough, das Haupt der seit dem Regierungs¬ 
antritt der Königin Anna das Staatsruder führenden Whigs, mit 
großer Heeresmacht und unbeschränkter Gewalt in den span. Nieder¬ 
landen erschien, die von dem bayerischen Statthalter unterstützten Fran¬ 
zosen zurückdrängte und den unpatriotischen Kurfürsten von Köln 
durch die Eroberung von Bonn u. a. O. so in die Enge trieb, daß 
er sich nach Frankreich flüchten mußte, erlangten die Verbündeten bald 
die Uebermacht über die Feinde, so sehr auch die treffliche Einrichtung 
des franz. Heerwesens, die Kriegskunst der geübten Truppen und die 
Einheit und Planmäßigkeit der Bewegungen der vielgegliederten Kriegs-
	        
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