fullscreen: Deutsches Lesebuch mit Bildern für Volksschulen

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29. Karl der Große. 
(Nach Einhart und Schröder.) 
Karl der Große war von großem, starkem Körperbaue und zeichnete 
sich durch seine hohe Statur aus, welche jedoch das rechte Maß nicht über¬ 
schritt; denn seine Länge betrug bekanntlich sieben seiner Füße. Sein Hinter- 5 
Haupt war rund; er hatte große, feurige Augen, eine etwas große Nase, 
schönes Silberhaar und ein lächelndes, heiteres Angesicht. War er zornig, 
so hatte sein Blick etwas Durchbohrendes, Schreckliches. So zeichnete sich 
seine Gestalt, mochte er stehen oder sitzen, durch ungemeine Würde aus. Er 
schritt fest einher; seine ganze körperliche Haltung war männlich, seine Stimme 10 
hell. Er erfreute sich einer guten Gesundheit, nur daß er vier Jahre vor 
seinem Tode häufig an Fiebern litt und zuletzt auch an einem Fuße lahm wurde. 
Der kaiserliche Ornat, den er trug, würde durch sein Gewicht einen Mann 
der heutigen Zeit zu Boden drücken. Von seiner Körpergröße und Kraft wird 
erzählt, daß er einen Sarazenen mit einem Schwerthiebe spaltete oder Huf- 15 
eisen zerknickte. Er ritt und jagte häufig, wie es bei den Franken Sitte war; 
denn keine Nation fand sich damals auf Erden, welche in diesen Künsten es 
den Franken gleichzuthun vermochte. Auch bediente er sich gern der natürlichen 
warmen Bäder und übte seinen Körper häufig durch Schwimmen, auf welches 
er sich so gut verstand, daß es ihm keiner zuvorthun konnte. Aus diesem 20 
Grunde erbaute er auch zu Aachen einen Palast und residierte daselbst die 
letzten Jahre seines Lebens bis an seinen Tod ununterbrochen. Er lud nicht 
nur seine Söhne, sondern auch seine Großen und Freunde, ja wohl manchmal 
sogar seine Leibwache zum Bade ein, so daß dann hundert und mehr noch 
zusammen mit ihm badeten. 25 
Er kleidete sich nach väterlicher Sitte, d. h. fränkisch, und trug unmittelbar 
auf dem Körper ein leinenes Kamisol und leinene Beinkleider, darüber einen 
Rock mit einer seidenen Einfassung und dazu Strümpfe. Die Beine gürtete 
er mit Binden, und die Füße schützte er durch Schuhe; im Winter verwahrte 
seine Brust und Schultern ein Panzer von Fischotter- und Marderfellen. 30 
Darüber warf er einen venetianischen Mantel. Stets trug er ein Schwert an 
seiner Seite, welches einen goldenen oder silbernen Knopf und ein ebensolches 
Wehrgehänge hatte. Bisweilen bediente er sich auch eines mit Edelsteinen 
besetzten Schwertes; doch that er dies nur bei besonders feierlichen Ver¬ 
anlassungen, oder wenn fremde Gesandte an seinen Hof kamen. Ausländische 35 
Kleidung, und wenn sie noch so schön war, mochte er nicht leiden und zog nie 
eine solche an, ausgenommen, daß er einmal zu Rom auf Bitten des Papstes 
in einer langen Tunika und einem griechischen Oberkleide und auch mit Schuhen, 
nach römischer Sitte gemacht, erschien. Bei Festlichkeiten aber trug er ein 
golddurchwirktes Kleid und mit Edelsteinen besetzte Schuhe; eine goldene Schnalle 40 
befestigte seinen Mantel, und sein Haupt war mit einer goldenen, mit Edel¬ 
steinen verzierten Krone geschmückt. Für gewöhnlich unterschied sich sein Anzug 
wenig von der schlichten Kleidung eines seiner Unterthanen. 
In Speise und Trank war er mäßig, indem er die Trunkenheit an jedem 
anderen, geschweige denn an sich selbst und den Seinen verabscheute. Wenn 45 
einer betrunken war, mußte er so lange Wasser trinken, bis er wieder nüchtern 
wurde, und vor Gericht durfte kein Betrunkener erscheinen; Richter, Zeugen
	        
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