Das fränkische Reich unter Karl dem Großen. 151
Jahrhunderts. Der Irländer Columbanus lebte zur Zeit, da Brunhil¬
dens Enkel Austrasien und Burgund beherrschte, in dem von ihm gestif¬
teten Kloster Lurovium in den Vogesen als dessen erster Abt. Da ihn
der Tadel, mit welchem er Theodorichö II. Lebenswandel angriss, von
hier vertrieb, begann er die Bekehrung der Alemannen in der Gegend
des Bodensees. Als er über die Alpen in's Land der Lougobarden
wunderte und dort das Kloster Bobium an der Trebia gründete, ward
der heilige Gallus, gleichfalls ein Irländer, in Alemanuien der Fortsetzer
seines Werkes. Die Wohnplätze der Glaubensboten wurden die Grund¬
lage von Klöstern, aus denen die Brüder ausgingen, die Pflanzung zu
ergänzen und zu pflegen. Rings herum lichteten sich die Dickichte, das
Land ward urbar, und unter der sänftigenden Arbeit des Ackerbaus
keimte ein milderer, für die christliche Lehre empfänglicher Sinn. So
ward das Kloster des heiligen Gallus ein geistiger Mittelpunkt für das Land
der Alemannen. Zur Zeit Pipins von Heristal wirkte im südlichen
Thüringen der Irländer Kilian, der gleich vielen andern Glaubens¬
boten ein Opfer des Eifers wurde, mit welchem heidnische Völker die
ersten Boten des Christenthums, namentlich, wenn sie ihnen Vorboten
fremder Herrschaft schienen, als Feinde verfolgen. In Baiern und
Friesland, dem südöstlichsten und dem nordwestlichsten der deutschen
Länder, hatten schon vordem, dort der Franke Emmeram, hier der Bi¬
schof Wilfried von Eboracum, das Christenthum gepredigt. Der Zeit
Pipins gehört die Wirksamkeit der Heiligen Rupertus, eines Franken,
in Baiern, und Wilibrord, eines Angelsachsen, in Friesland, an, von
denen der erste in Juvavia, dem späteren Salzburg, eine Kirche stiftete,
der letztere von Papst Conon zum Bischof der Friesen eingesetzt wurde
und seinen Wohnsitz an der Stelle der späteren Stadt Trajectum erhielt.
Versuche, die von Gefährten des Wilibrord bei den Sachsen gemacht
wurden, mißlangen zwar, aber dieses Mißlingen führte den heiligen Sui-
bertus in die ebenfalls noch heidnischen fränkischen Striche an der rechten
Seite des Niederrheins.
14. So groß auch die Verdienste dieser Männer und ihrer Ge¬
nossen und Schüler waren, ist es doch einer, der die deutsche Kirche be¬
gründete, und dem vorzugsweise der Name des Apostels der Deutschen
gebührt, der Angelsachse Winfried. Seine Wirksamkeit fällt in die Zeit
des großen Major Domus Karl, durch den Austrasier über romanische
Franken und über Ostgermanen, Christen über Moslemen und Heiden siegen,
und in die Zeit der beiden großen Päpste Gregor II. und Gregor III.,
welche, während sie die Kirche gegen die Despotie des Kaisers und dieWill-
kühr des Longobardenkönigs schützen und wahren und im Osten ein Schisma
sich vorbereiten sehen, alle Kräfte anspannen, um die Eroberungen der
Kirche im Norden zu leiten und zu sichern. Hochgeehrt wegen seiner