18 IV. Kapitel: II. Das Bergland westlich des Jordan
Fuß ein Gebiet üppigster Vegetation. Seine obere Grenze bildet
der früher bei der geologischen Betrachtung erwähnte undurchlässige
Randstein, der die Regen- und Schmelzwasser, die sich in der zer-
klüsteten Aalksteinregion sammeln, hier als zahlreiche Bergflüßchen
zutage treten und die Fülle von Wasseradern entstehen läßt, die an
den Flanken der beiden Gebirge nach Osten und Westen ins Vor-
land rinnen. Die im Altertum berühmten Gärten von Damaskus
erhielten ihre Wasserzufuhr von den Höhen des Sermon besonders
durch die Bäche Amana und Aharphar, die schließlich an der Grenze
der Wüste in Salzmorästen enden. Besonderen Wert gewinnt aber
der Sermon für Palästina als Ursprungsort seines einzigen Stromes,
des Jordan, der sich aus mehreren Quellflüssen südlich des Gebir¬
ges bildet.
Der Wasserreichtum zusammen mit günstigen Bodenbedingungen
hat dem Libanon und Sermon (diesem allerdings mit Ausnahme
des steppenartigen Gstabhanges) in ihren mittleren und unteren
Regionen zu einem außerordentlich reichen pflanzen- und Baum-
wuchs verHolsen. Auf blumige Matten folgen Bestände von
Maulbeer-, Oliven- und Feigenbäumen, Nußbäumen, Mandeln,
Pfirsichen und Aprikofen. Freilich sind die ehemals so berühmten
Wälder, die von Eichen, Ahorn, Linden und Platanen vor allem
aber von Linien und Zedern gebildet wurden, heute teils durch
Ausbreitung der Wein-, Obst- und Ackerkultur, teils durch unver-
nünstige Ausrodung verschwunden. Port den im Alten Testament
vielfach erwähnten Zedern, die das Material zu Salomos Pracht¬
bauten abgaben, finden sich heute nur noch gegen 500 sorgfältig
gehegte Exemplare in einem mit hoher Schutzmauer umsäumten
Gebiete des nördlichen Libanon (nordwestlich von Ba albek).
Entsprechend der Reichhaltigkeit der Flora war und ist der
Tierbestand der Gebirge. Neben Wildschweinen, Gazellen und
Ziegen finden sich Raubtiere wie Panther, Bären, Hyänen, Wölfe
und Schakale, während der im Altertum noch häufig angetroffene
Löwe heute gänzlich verschwunden ist.
In alttestamentlicher Zeit hausten in der natürlichen Bergfestung
der Libanongruppe kriegerische Stämme der Amoriter und der
Ituräer, die dank der unzugänglichen Natur ihrer Wohnsitze durch
Jahrhunderte hindurch ihre Unabhängigkeit zu bewahren wußten.
Am Fuße des L)ermon jedoch, im Gebiet der (Huellflüsse des Jordan,
wohnten friedliche, ackerbautreibende Aanaaniter, die dem Anstürme
des aus dem Süden von den Philistern vertriebenen Stammes Dan
nicht standzuhalten vermochten und diesem ihr Land samt der Haupt-
stadt Lais (nach der Eroberung von den Israeliten Dan genannt)
überlassen mußten. Später gehörte das ganze Gebiet zur römischen
-Provinz Syria, die auch die ehemals selbständigen Fürstentümer
Ituräa und Abilene mit seiner von Blumen- und Obstgärten um-
gebenen Hauptstadt Abila in sich aufgenommen hatte. Diese Stadt