56 Die Israeliten.
Stämmen suchte der Feldhauptmann Abner Sauls Sohn Jsboseth das
Reich zu erhalten. Als aber nach längerm Kampf jene beiden verräterischer
Weise') getödtet waren, huldigte das ganze Volk dem von Samuel gesalbten
Nachfolger.
3. David beweist sich auch als König mit einem unbedingten Gottvertrauen
erfüllt und aus demselben die Kraft schöpfend, um selbst in der gefährlichsten
Lage die Geistesgegenwart und Klugheit nicht zu verlieren. Trotz des Willens
Gott zur Ehre Alles zu thuu, unterliegt er freilich oft der Sünde und stürzt
sich sogar in schwere Verbrechen (Bathseba und Uria), aber nie bleibt er un-
bußfertig, er läßt sich zerknirschen von der an ihn ergehenden strafenden Stimme
Gottes. Um des willen empfängt er auch von dem Herrn, der den Bußfertigen
Guade gibt, die höchste Verheißuug, welche nur einem Sterblichen zu Teil
werden konnte, daß aus seinem Hanse der Messias kommen solle 2). In wun¬
derbarer Schnelligkeit ward unter ihm das Volk Israel, das sich eben erst mit
Mühe seiner Feinde erwehrt hatte, zum gefürchteten Gebieter über die Nachbar-
länder. Zuerst gewann er die Stadt der noch im Gebiet des Stammes Inda
nnnnterworfen wohnenden Jebusiter, Jerusalem mit der festen Burg Zion,
und verlegte dahin feinen Sitz. Dann wurden in schweren Kriegen die Philister
so gebrochen, daß sie lange Israel nicht beunruhigten. Nachdem die Moabiter
uuterworfeu, wurden die Ammoniter angegriffen, riefen aber den König H a d a d -
Ezer von Zoba^) zu Hülfe, und nachdem David in der Schlacht bei Helam
einen entscheidenden Sieg gewonnen, erhoben sich gegen ihn der König von
Damascns, und im Süden die Edomiter. Aber Wärend im Norden der König
1) Man wirft David vor, daß er Joab, der verräterisch Abner erschlagen hatte,
nicht gestraft, als ob der Fluch, den er über ihn und sein Haus aussprach (II Sam.
3, 28. 29), keine Strafe, die Nötigung an Joab um Abner öffentlich mit zu trauern
keine ihm auferlegte Buße wäre. Man zlaubt sich in die Notwendigkeit versetzt, ent-
weder David des Eidbruchs zeihn oder die Überlieferung als aus getrübten und gefälsch-
ten Quellen zusammengesetzt bezeichnen zu müssen, weil jener trotz des Eides, den er
I Sam. 24, 22 geschworen, II 21, 7 Nachkommen Sauls zur Sühne den Gibeoniten
übergibt, aber er hatte (II 9) bereits für die Erhaltung des Hauses durch deu ein-
zigen, der sich damals auffinden ließ, gesorgt und durfte nun die gerechte Sühnung
uicht verweigern: gleichwol die harte Strenge des Gesetzes empfindend, ließ er sogleich
darauf Sauls und Jonathans Gebeine mit denen der gehängten im Grabe Kis beer-
digen. Und selbst als Mephiboseth an der Empörung gegen ihn Teil genommen,
gedenkt er seines Eids und straft jenen nur um die Hälfte seines Guts. — 2) Mau
hat als den Gruudzug von Davids Charakter eine furchtbare Tücke gefunden, welche
sich selbst durch deu zu blutiger strenge und Rache geneigten Charakter der Semiten
weder erklären, noch entschuldigen laße, und dafür namentlich die Aufträge, welche er
sterbend Salomo erteilt, als deu kräftigsten Beweis angeführt (I Kön. 2, 5 — 9).
Soll man die Geschichte Davids als von den Priestern verfälscht betrachten, so muß
man sich schier wundern, daß diese, welche ihn zu eiuem Mann nach dem Herzen
Gottes wider die Wahrheit zu machen getrachtet , so bliud gewesen um den Widerspruch
uicht zu erkennen, oder so ungeschickt um dem überlieferten nicht eine andre Wendung
zu geben. Wer im Angesicht des Todes allein mit seinem Sohn, diesen eben in ernster
Weise zum Wandel in Gottes Wegen ermahnt und dies als die Bedingung zur Er-
sülluug der Verheißuugeu bezeichnet hat (V. 3 u. 4), deu soll man sich als einen
solchen Heuchler denken, daß er im nächsten Augenblick nur der gemeinsten Rachsucht
huldigt? Daß zum Rat Joab zu strafen Grund vorlag, erkennen selbst die Gegner
an, .aber sie wollen die Erwähnung seiner frühern Thaten, die er, wenn man nicht
die Überliefrung verwirft, uicht im Einverständnis mit David verübt, nicht als eiueu
Beweis von der Gefährlichkeit des Mannes, nicht als Reue über die uuterlaßne Be-
strafung gelten laßen. Und Salomo's Verfahren gegen Simei beweist doch, daß er
— wenn er seines Vaters Wort richtig verstanden — in ihm einen Mann gesehen, den
die großmütig gewärte Straflosigkeit in seinem Haß und Widerstreben gegen daö Haus
Davids nicht gebessert. — 3) Zoba wird für Nisibis in Mesopotamien gehalten.