Full text: Die Geschichte der Römer und der mit ihnen in Beziehung getretnen Völker (Bd. 1, Abth. 2)

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Die innere Entwicklung des römischen Staats. 
bei seinen Planen, daß er auch als sein College G. Plauti ns das Amt nie¬ 
derlegte, allein in demselben blieb*). Und nun hob er die bisher für daS 
Stimmrecht festgehaltene Bedingung des Grundbefitzes auf, indem er jedem, 
auch dem Freigelaßenen gestattete, sich in die Tribus einschätzen zu laßen in 
welche er wolle, und demnach auch den Leuten ohne Ackerbesitz in den Centurien 
das Stimmrecht nach der Klaffe ihres Vermögens einräumte. Es mäßen da¬ 
mals allerdings in Ron: viele reiche oder doch wenigstens hinlänglich wol- 
habende gewesen sein, welche aus dem Grunde, daß sie keinen Ackerbesitz hatten, 
von dem wesentlichsten politischen Rechte des Bürgertums auszuschließen 
hart und unklug erscheinen mochte, aber welche Gefahren waren zu fürchten, 
wenn man das, was bisher die Hauptstütze des Staats gebildet hatte, in seiner 
Geltung beschränkte, jawolzu seinerallmählichenVerdrängungdenGrundlegte? 
Der Censor Q.. Fab ins Rullianu s wählte deshalb 304 einen ebenso klugen 
wie gerechten Ausweg, indem er die Anordnung traf, daß die Nichtansäßigen 
(hauptsächlich gewiS Freigelaßene) nur in die vier städtischen Tribus aus¬ 
genommen wurden und in den Centurien nur dann Stimmrecht erhielten, wenn 
ihr Vermögen die zweite und dritte Klasse erreichte ^). 
3. Wenn wir lesen, daß 357 auf Antrag der Tribüne M. Dnilius 
und L. Menenius der schon in den Zwölf Tafeln festgesetzte Unciarzinsfuß 
durch ein Plebiszit erneuert worden sei, mäßen wir an die Notwendigkeit einn 
neuen Einschärfnng und an Strafsteigerung denken, welche durch vielfache Uber- 
schreitungezr geboten worden3). Der in demselben Jahre von Tribuscomitien 
im Feldlager zum Gesetz erhobene Antrag des Cos. Gn. Man lins, daß bei 
der Freilaßung eines Sklaven fünf Procent seines Wertes an die Staatskasse 
erlegt werden sollten, hatte wol den Zweck, der Bildung von Anhang durch 
solche Leute entgegen zu arbeiten^). Wenn wir 352 auf Anregung der Coss. 
P. Valerius Poplicola und G. Marcius Rutilus eine Commission von 3 Ple- 
beiern und 2 Patriciern (guinguoviri mensarii) eingesetzt finden, welche durch 
Vorschüße aus der Staatskasse und vermittelnde Regulierung viele Schulden 
tilgten und die Kreditverhältnisse wesentlich hoben5), wenn 347 der Zinsfuß 
auf 724 des Kapitals (semiunciarium fenus) herabgesetzt und zur Abwehr für 
die Folgender Nichtzahlung die Leistung in vier Raten (eine sofort, dann jähr¬ 
lich eine) gewährt worden ist6), so möchten wir uns fast wundern, daß bei dem 
Soldatenaufstande 343 die Schulden eine hauptsächliche Veranlaßung boten. 
Denn dein Zugeständnis, daß kein Soldat ohne seinen Willen aus der Dienst¬ 
liste gestrichen werden sollet, kann nur der Wunsch zu Grunde liegen sich der 
Anwendung des Schuldrechts auf möglichst lange Zeit zu entziehen. Außer¬ 
dem aber besagen bestimmte Nachrichten, daß Schulden getilgt wurdenH, und 
ein Plebiscit des Tribun L. Genucius verbot geradezu das Zinsneh- 
1) Frontin. de aqu. 5 erwähnt ausdrücklich, daß G. Plautins nach Vollendung 
der 18 Monate abgieug, wärend es nach Livius scheint, als habe er schon vorher 
aus Widerwillen und Schwäche gegen Appius Maßnahmen niedergelegt. — 2) S. 
Oie. all Att. VI 1, 8. Liv. IX 29, 6 f. 30, 1s. 46, 10 f- pün- h- n. XXIII 
1 (6), 17 sf. Diod. XX 36, wo die Worte xrjv E^ovaiav ev onoioc xig ßov- 
Isrcu cpvlfj rtiGGEo&cu mit Recht von Dindorf nnb Belker als ein Glossen: ge¬ 
strichen sind. Becker II 2, 391. Marquardt II 3, 32 u. 46. Momms. I 281. Lange 
I 381 f. — 3) VII 16, 1. Marquardt III 2, 49. Momms. I 275. — 4) Liv. VII 
16,7. Manlius hielt die Comitien im Feldlager, weil hier wol die Neichen, welche 
die Maßregel traf, am schwächsten vertreten und den ärmeren Bürgern am meisten 
die Freigelaßenen gehäßig waren (s. oben 2 das deshalb gegebene Plebiscit). Vgl. 
Momms. I 275. — 5) VII 21, 5—8. Marquardt III 2, 54. Momms. I 276. — 
0) VII 27, 3 u. 4. Momms. I 276. — 7) VII 41, 4. — 8) Xurol. Viel. 29.
	        
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