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Roms Schicksale durch die Tresvirn.
Dritter Abschnitt. Von Casars Tod bis zur Schlacht bei Actium,
44-31.
Noms Schicksale durch die Tresvirn.
§ 176.
1. Daß aus sündhafter Thal nichts Ersprießliches hervorgeht, lehrt Ca¬
sars Ermordung auf das deutlichste. Sie hat Rom nicht vor der Monarchie
bewahrt, sondern nur neue entsetzlichereLeiden vor ihrer bald erfolgenden festen
Begründung über dasselbe gebracht. Aber sie gibt auch einen deutlichen Beweis
dafür, wie der verbrecherische Gedanke über die Seele verhangnißvolle Verblen¬
dung und Schwache bringt, daß das, was dem Thater größere Sicherheit ge-
wären würde, versäumt und dadurch die Strafe herbeigeführt wird. Wahrhaft
kindisch waren die Voraussetzungen, mit welchen die Verschwornen an ihr
gräßliches Werk gteitgen1). Sie hatten geglaubt, der Senat, das Volk, die
Provinzen würden jauchzend ihnen als Befreiern zufallen, und nicht nur kein
Gefühl davon gehabt, daß das Verbrechen auch den entsetzt, der seine Folgen
vielleicht hinnimmt, sondern auch gar nicht in Rechnung gezogen, wie unend¬
lich viele durch persönliche Dankbarkeit und Treue an Casar gebunden waren
und welche Mittel denen zu Gebote stünden, welche seine Rolle zu übernehmen
gewillt und befähigt waren. M. Ämilius Lepidus, Cäsars Magister
eguitum, stand mit dem Heer, das er nach seinen Provinzen, dem narbonen-
sischen Gallien und dem diesseitigen Hispanien, führen sollte, vor den Thoren
der Stadt und, war er auch kein großer Charakter, so war doch wenigstens
vorauszusehn, daß er nicht ohne Kampf Cäsars Werk zerfallen, seine eigne
Stellung sich entstehn laßen werde. Vor allen andern aber warM. Antonius,
Cäsars Kollege im Consulat, ein Mann gleich ausgezeichnet an Kraft und
Klugheit, wie rücksichtslos seinen wüsten Lüsten opfernd, zu fürchten als der,
welcher seines Meisters Stelle einzunehmen trachten, und schon, weil er als
jenes bedeutendster Gehülfe am meisten zu fürchten hatte, wenigstens mit allen
Kräften seinen Tod zu rächen streben werde2). Das hatten die Verschwornen
gänzlich übersehn, als der Gedanke auch sie zu ermorden unter ihnen aufge¬
taucht, aber verworfen worden war. Sie hatten die Reden entworfen, mit
denen sie nach vollbrachtem Mord den Senat zur Herstellung der Freiheit anf-
fordern wollten, aber sie standen allein bei der Leiche; entsetzt waren die Se¬
natoren auseinander gestoben. Von ihren bewaffneten Fechtern umgeben, einen
Hut, das Symbol der Freiheit, vor sich her tragen laßend zeigten sie sich dem
Volk, aber niemand wagte ihrer That Beifall zu zollen. Angeblich um zu
opfern, in der That aber um ihrer Sicherheit willen begaben sie sich auf das
Capitol. Zwar fanden sich hier einige Männer zu ihnen, welche es mit der
Herstellung derRepublik ernst meinten, wieCiceroH, oder die That zum eignen
Gewinn benützen wollten, wie P. D olab ella, dem jetzt der Consulat Cäsars
1) Oie. ad Alt. XIV 21, 3. •— 2) App. 622 sq. Bei ihm finden wir die beste
zusammenhängende Darstellung der Ereignisse, obgleich die Chronologie nicht immer
die richtige ist. — 3) Appian nennt ihn nicht (623, 4), doch bezeugt er es selbst ad
Art. XIV 10, 1. Phil. II 35, 89. P. Dolabellas Namen steht bei Äppiau ausdrück¬
lich unter denen, welche sich sofort ben Verschwornen näherten, Drum. I 87 indes
nimmt an, daß er erst am 16. für die Mörder zu reden gewagt habe. Keinesfalls
kann ich annehmen, daß die Anreden von Brutus und Cassius an das Volk statt¬
gefunden, als M. Lepidus wieder in der Stadt erschienen war.