Full text: Die Zeit von Christi Geburt bis zum Regierungsantritt Karls des Großen (Bd. 2, Abth. 1)

Ratiger. Vandalen, Sueben und Alanen in Gallien und Spanien. 181 
Notiger. Vandalen, Sueden nlld Alanen in Gallien und Spanien. 
8 48. 
1. Noch einmal versuchte Ratiger Italiens Besitz sich anzueignen. Mit 
seinen Ostgoten, denen sich wol Leute aus andern Stämmen angeschlossen 
hatten — die Angaben über des Heeres Stärke schwanken zwischen 200000 und 
400000 Mann — drang er in drei Haufen Ende 404 in das unglückliche Land, 
das sich noch kaum von der Verwüstung durch Alarich erholt hatte. Honorius 
mit seinem Hofe barg sich in dem durch Sümpfe, wie durch starke Befestigungen 
gesicherten, damals noch einen herlichen Hafenplatz bietenden Ravenna. Stilicho 
hatte das Heer nach Möglichkeit verstärkt, namentlich Hunnen unter Uldin 
(Uldes) und einen gotischen Führer Sarus in Dienst genommen. In offner 
Feldschlacht, wüste er, war schwierig den Deutschen der Sieg zu entringen, 
und das platte Land mit kaltem Herzen geplündert zu sehn hatte man sich schon 
gewöhnt. So war 405 ungehindert Ratiger nach Tuseien vorgedrungen und 
belagerte Florentia. Da umstellte ihn Stilicho. Furcht vor Hungersnot 
nötigt zur Aufgabe der Belagerung. „Durchschlagen" ist die Losung. Doch 
bei Fäsulä wird sein durch fortwärende Angriffe geschwächtes Heer besiegt, 
er selbst gefangen und getödet. 12000 Krieger treten in römischen Dienst. 
Zahlreiche Gefangne werden als Sklaven in der Halbinsel zerstreut: den 
kommenden Deutschen sehnsüchtig die Hände entgegenstreckende Helfer. 
2. Durch der Goten Beispiel ergriff auch die andern in Pannonien se߬ 
haften deutschen Stämme der Trieb sich bessre Wohnsitze zu suchen. Sie sahn 
sich von allen Seiten zwischen Völker eingedrängt, die öfters schon das Schwert 
gegen sie erhoben hatten. Von Italien schreckte der Goten Schicksal ab, aber 
offen stand der Weg nach dem Westen, da Stilicho die Truppen aus Gallien 
zur Verteidigung des Kern- und Mittelpunkts hatte abrufen müßen, und 
von Italien, das durch Alarich bedroht war, konnte keine Verlegung statt- 
sinden. Drei Hauptvölker waren es, welche anfbrachen: die astingischen 
Vandalen (mit den ihnen schon lange angeschlossnen Jazygen), die Sue¬ 
ben (die alten Quaden) und die Alanen, doch gesellten sich entweder ur¬ 
sprünglich oder auf dem Zuge Mannschaften aus verschiednen Stämmen*) 
bei, ohne besondre Abteilungen zu bilden. Die nach dem Rhein schon längst 
gezognen silingischen Vandalen folgten dem Zug ihrer Stammesbrüder. In 
den Tagen, innerhalb deren sich die Jahre 406 und 407 schieden, trug sie des 
Rheins Eisdecke glücklich auf Galliens Boden hinüber. Von den Alanen ließ 
sich ein Teil unter Goar für römischen Dienst gewinnen, doch Widerstand 
leisteten nur die in ihrem Gebiet sich für bedroht ansehenden Franken. 
Die Vandalen würden von ihnen in einer Schlacht besiegt worden sein, wenn 
nicht rechtzeitig die übrigen Alanen unter Rependial zu Hülfe gekommen 
wären. Ganz Gallien, selbst viele bedeutendere Städte wurden geplündert. 
3. Niemand kann sich wundern, daß das römische Heer in Britannien, 
welches schon länger keine Fürsorge erfahren hatte, sich selbst einen Kaiser 
setzte. Zwar die zwei, welche es zuerst nach einander wählte^), tödete es 
bald selbst wieder, aber der dritte, ein niedrer Officier, Constantinus 
behauptete sich nicht nur, sondern führte sofort die Truppen nach Gallien, wo 
die Einwohner sich ihm als ihrem Retter in die Arme warfen. Mit den 
1) Gepiden, Heruler, Sachsen, Burgunder, Alemannen werden so genannt. — 
2) Marcus, dann Gralianus.
	        
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