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Galba, Otho, Vitellius 68 und 69.
lius durch die Gefahr nicht aus seinem üppigen Leben aufgeschreckt ward, so
handelte auch Valens, der bei größerm Eifer das Heer des Cäcina hätte
retten können. Nachdem er die Niederlage erfahren, wandte er sich nach der
etrurischen Küste, um mit seinen Truppen Gallien zu erreichen und aus dem
Norden neue Streitkräfte herbeizusühren, allein die narbonensische Provinz
war bereits für Vefpasian gewonnen, er ward gefangen und in Urbinum hin¬
gerichtet 1-). Wären nicht von Antonins Heere kaum geringre Unordnungen
begangen worden als von dem germanischen, hätten nicht zwischen jenem
und Mucianus, der noch immer nicht angelangt war, Reibungen stattgefun¬
den ^), der Kampf wäre wol schneller entschieden gewesen. Aber Vitellins
machte durch seine verkehrten Maßregeln selbst die Treue der Truppen wan¬
kend. Die Feinde überschritten den Apennin, die Flotte in Misenum erklärte
sich für Vespasian und der Aufruf zu den Waffen in der Hauptstadt blieb er¬
folglos^). In seiner Schwäche war er geneigt, das Anerbieten der feindlichen
Führer, für den Rücktritt Leben, Vermögen und Aufenthalt in Campanien
zu empfangen, anzunehmen und die deshalb von Flavius Sabinus, Ves-
pasian's Br., dem Befehlshaber der städtischen Cohorten, welcher sich bis jetzt
ganz unbeteiligt gehalten hatte, angeknüpften Verhandlungen versprachen ein
befriedigendes Resultat; aber die Prätorianer des Vitellins, besonders die
darunter befindlichen Germanen, erhoben dagegen Aufstand. Sabinus zog sich
mit seinen Anhängern und Vefpasianus zweitem Sohne Domitianus, den
Vitellins so wenig zu fürchten brauchte, daß er ihn nur bewacht ruhig in der
Stadt ließ, auf das Capitol zurück. Ohne Führer — denn Vitellins war zu
jedem Handeln unfähig — griffen die Soldaten an; der ehrwürdigste Götter¬
sitz, der Hort des Reichs, geriet in Flammen und brannte nieder. Domitia¬
nus entkam, Sabinus ward gefangen und von den Soldaten schmählich er-
mordetH. Die Erobrung des von den Flottensoldaten besetzten Tarraeina
durch des Kaisers Br., L. Vitellins, die Zurückwerfung der recognoseierenden
Reiterschaar unter Petilius Cerialis und die in Folge davon hervorgebrachte
freudige Bewaffnung des Pöbels bewirkten, daß Rom erobert werden muste.
Viel Blut floß namentlich bei der Erstürmung des Prätorianerlagers. Vitel¬
lins ward ergriffen, durch die Straßen nach den Gemonischen Stiegen geschleift
und schrecklich ermordet (57 Jahr alt am 24. Dec. 69)5).
Die -rer Flavier 60 — 96. Vefpasianus 69 — 79.
§ 16.
1. Wol war mit Vitellius Tod der Krieg beendet, aber der Frieden
und die Ruhe blieben noch fern. Die siegreichen Soldaten mordeten und
plünderten in der Stadt und niemand war da, der sie in Zaum halten konnte
oder wollte. Domitianus, zum Cäsar ernannt und mit der Prätur be¬
kleidet, fröhnte nur seinen Lüsten und der Willkür und erzürnte den abwesen¬
den Vater aus höchlichste, weshalb er sogar an Empörung gedacht haben soll.
Antonius Primus war nach dem Siege das Gegenteil von dem was er
im Kriege bewiesen hatte, und Mucianus, der nach der Eroberung ankam,
riß zwar allen Einfluß an sich, aber wie er selbst mancher Privatleidenschaft
1) Tac. h. III 40-43. 62. — 2) Tac. h. III 49 — 53. — 3) Tac. h. III 54 — 63.
— 4) Tac. h. III 63 — 75. Dio LXV 17. — 5) Tac, h. III 76 — 85. Die scalae Ge¬
moniae waren uuweit des care se mamertimis und auf sic wurdcn dic im Gefaugnisi
hingerichteten geworfcn. Dahiu haltcn die Soldatcu auch Sabinus Leichnam gebracht.