Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

Heinrich IV 1056 — 1106. 
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Nom Beugung und Unterordnung fürchteten, um so eifriger nach Vergrößerung 
ihres Besitzes und Erhöhung ihres Einflußes im Reichs). Dasselbe Ziel, 
welches Adalbert für sein Erzstift Bremen, verfolgte für Köln, welches 
Erzbistum, um die Ansprüche von Mainz niederzudrücken, schon durch die 
Könige viele Begünstigungen erfahren hatte, Anno, den wegen großer 
Eigenschaften Heinrich III aus den Stuhl erhoben hatte. Unermüdlich thätig, 
haßte er jede Ergötzlichkeit und unterzog sich gern der strengsten Ascese, aber 
wenn es galt, seinem Erzstift einen Glanz zu verleihen, dann verwandelte sich 
seine Energie in Starrsinn, sein Eifer in Erbarmungslosigkeit, sein Glaube 
in geistlichen Hochmut''). Wäre nicht sein Blick durch solche selbstsüchtige 
Beschränktheit für die wahren Interessen des deutschen Reichs umdüstert 
gewesen, er hätte die segensreichsten Dienste leisten können. Die Rücksichts¬ 
losigkeit gegen das königliche Regiment, welche er in einer blutigen Fehde'') 
bewies, und die Art, wie er seinen Freund, den Kanzler Günther, 1059 
zum Bistum B amb erg und 1059 seinen ihm wesensgleichen Neffen B ur- 
chard zu dem von Halberstadt brachte und sich dann in deren Streitig¬ 
keiten mit den Nachbarn und der Kaiserin bcnahm H, erwarben ihm Furcht, 
nicht Vertrauen — und dadurch ward seine Herschsucht anfgestachelt. Ein 
Gegengewicht gegen ihn hätte der neue Erzbischof Sigfrid von Mainz 
(1059) bilden können, da das Streben sein Erzstift gegenüber Köln nicht 
sinken zu laßen ihn beseelte, aber wie sich in ihm mit der Habsucht leichtfertigste 
Veränderlichkeit paarte, bewies er schon dadurch, daß er das Recht, welches 
er seinem Vorgänger als Abt von Fulda entschieden bestritten hatte, die von 
Bouifacius hergeleitete Zehentpflichtigkeit Thüringens an Mainz, als Erz¬ 
bischof mit allen Mitteln zur Geltung zu bringen suchte^). 
4. Dadurch daß Agnes, ihre reinen Absichten zu beweisen, seit 1061 
allen weltlichen Glanz von sich that, ward die gegen sie unter den Fürsten 
hcrschende Stimmung nicht versöhnt. Man fürchtete den Einfluß der Mutter 
aus den SohiO) suchen unmöglich zu machen scheute man sich nicht vor 
Lüge und Verrat. Otto von Baiern und Ekbert von Braunschweig 
traten mit Anno zusammenH. Die Kaiserin hielt sich unmittelbar nach 
Ostern 1062 mit dem königlichen Knaben in der Pfalz Swibertswerth 
(j. Kaiserswerth) auf^). Mit starkem Gefolge kommen die Verschwornen, 
hinter Fröhlichkeit ihre Tücke verbergend. Nach heiterm Mal ladet Anno den 
König ein, ein ihm gehörendes schönes Schiff zu besehn. Kaum hat jener 
dasselbebetreten, so fahren die Verschwornen auf und davon. Der nach der 
Mutter jammernde, die Bosheit durchschauende Knabe stürzt sich kühn in den 
Fluß. Ekbert ihm nach, bringt ihn ins Schiff zurück und Kölns Mauern 
nehmen den erkornen und unter des Papstes Augen gekrönten König als 
1) Giesebr. III 80. — 2) Floto I 198—200. Giesebr. III 55. — 3) Die Mannen 
des lothringischen Pfalzgrafen Heinrich hatten vom Sicgbcrg aus Köln beunruhigt. 
Anno griff außer zum Bannfluch zu den weltlichen Waffen. H. mußte sich ans der 
Gefangenschaft durch die Abtretung des Siegbergs lösen und fühlte sich dadurch so 
erniedrigt, daß er Mönch wurde. Die Sehnsucht nach seiner Gattin trieb ihn aus 
dem Kloster, der Durst nach Rache zu neuem Angriff auf Anno. Als er von ben 
Kölnern in Kochern belagert ward, verfiel er plötzlich dem Wahnsinn, so daß er seine 
Gattin ermordete. Er starb 1060 im Kloster Echternach. Giesebr. III 54 f. — 
4f Floto l 194 f. Giesebr. III 74. — 5) Floto I 194. Giesebr. III 57. — 6) Gie¬ 
sebr. III 68. — 7) Daß Sigfrid von Mainz gar nichts, Gottfrid der Bärtige höch¬ 
stens von fern um die Verschwörung gewicht habe, s. Giesebr. III 76. — 'S) Der 
Arm des Rheinstroms, welcher Kaiserswerth von dem rechten Ufer trennte, ist jetzt 
verschwunden.
	        
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