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Heinrich V 1106 — 1125.
freundliche Anerbietungen gemacht hatte, die Bedingungen des Vertrags
genehmigt, als das durch den langen Hader auf beiden Seiten genährte
Mistrauen, au vorher nicht beachteten Fömlichkeiten Anstoß nehmend, den
völligen Abschluß bei verabredeter persönlicher Zusammenkunft hinderte.
Wenn nun Calixtus auf chem Concil zu Reims 30. Oet. 1119 vor 427,
darunter vielen deutschen Geistlichen über den Gegenpapst und den Kaiser
den Bann sprach, so ergibt sich daraus, daß er, den in der Versammlung
die kräftigste Unterstützung findenden Forderungen der Könige von Frankreich
und England nachgebend, das Gesetz, welches den Laien jegliche Belehnung
der Geistlichen untersagte, fallen ließ, wie er mit jenem Schritt Heinrich V
nur zur Nachgiebigkeit zu zwingen beabsichtigte. Und diese Absicht erreichte
er. Auf dem Reichstag zu Worms fanden sich wenige Fürsten ein. Zu Gos¬
lar erreichte zwar Heinrich einen Friedensschluß mit den Sachsen, aber sobald
er das Land verlaßen, brach die Empörung von neuem aus und Lothar setzte
mit Waffengewalt den vertriebnen Bischof Dietrich von Münster wieder ein H.
Um so wichtiger erschien es ihm Adalbert, die Seele alles Widerstands, zu
vernichten. Immer enger zieht sich die kaiserliche Macht um Mainz ¿uiammert,
der letzte Streich ist zu erwarten. Durch Adalberts persönliche Bitten
bewogen, nahen die sächsischen Fürsten^) mit Heeresmacht. Aber des Kaisers
Macht ist nicht minder stark. Da schaudern doch alle, welche noch ein Gefühl
für das Vaterland haben, vor der entsetzlichen Blutarbeit zurück. Heinrich
verspricht den Streit nach dem Rat und Urteil der Fürsten abthun zu wollen.
Die Reichsversammlung zu Würzburg 23. Sept. 1121 bringt den
Frieden zu Stande. Die Zurückgabe jedes Eigentums war in ihm zugestchert,
aus Bruch des Landfriedens Todesstrafe gesetzt. Der Kaiser ließ sich gefallen,
daß die Fürsten ihn im Fall einer Ungerechtigkeit ermahnen und, wenn er sie
nicht hörte, nach dem beschwornen Vertrag mit ihm verfahren dürften;
dagegen erhielt er ihre Mitwirkung des Reichs Recht gegen die Kirche zu
waren zugesagt. Jubelnd begrüßt das Volk den Frieden als einen Sieg, den
endlich hochherzige Vaterlandsliebe über entzügelte Selbstsucht davon getragen.
Selbst des Kaisers Zornmütigkcit scheint gänzlich gewichen, da er sich in
Quedlinburg mit den Sachsen über alle Streitpunkte vergleicht. Aber kann
nicht der Streit mit der Kirche jeden Augenblick die Furie der Zwietracht
wieder herausbeschwöreu? Schon ist das Bistum Bamberg ein Zank¬
apfel, indem Heinrich V einen andern Bischof als den vom Domkapitel
gewählten eiuzusetzen gedenkt. Die Hohenstaufen sind auf des letztem Seite
und Adalbert nimmt seine Rolle das Feuer zu schüren wieder auf. Doch auch
der Friede mit der Kirche kam. Calirtus II hatte eingesehn, daß er
auf weltliche Hülfe sich nicht verlaßen könne — nur mit Mühe hatte er
zwischen Frankreich und England den Frieden zu Gisors vermittelt —, aber
auch auf sie nicht zu rechnen brauche. Was einst UrbanII durch den Anschluß der
romanischen Völker des Westens gewonnen, vollständiges Obsiegen in Italien,
das konnte er ebenfalls erwarten. Und in der That glänzender Empfang kam
ihm 1121 dort überall entgegen. Gregor VIII muste nach Sutri weichen,
1) Raumer Hoheust. I 310 f. Jaffe Lothar S. 16 f. Von der in Sachsen
herschenden Stimmung gibt ein deutliches Beispiel Wiprecht von Groitzsch, der
obgleich er wahrscheinlich nach seines gleichnamigen Sohnes Tod mit dem Kaiser sich
versöhnt und seine Güter znrnckempfangen hatte, dennoch in kirchlichen Dingen ihm
ganz entgegenhandelte. Vgl. Flathe a. a. O. S. 121—23. — 2) Der Herzog Lothar
scheint nicht dabei gewesen, sondern auf einem Zug gegen die Wenden begriffen
gewesen zu sein. Jaffe S. 17 u. 234.