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Schweden. — Polen.
Da hinderten die im Christentum schon befestigten Dänen das Unterliegen
des Kreuzes, indem sie um 1100 dem Inge Swen besiegen halfen. Damit
waren freilich die Kämpfe, welche zwischen Heiden und Christen um den
Sieg und zwischen den Königen und den Stämmen um die Oberherschaft ent¬
brannt waren, noch lange nicht beendet.
Der Osten Europas.
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Pole n.
1. Wir wenden uns zu der großen vom Uralgebirge bis zu den Ufern
der Ostsee und Nordsee ausgedehnten, nach Westen hin immer mehr sich ver-
schmälernden europäischen Tiefebne. Welch' Fluten von Völkerschaften hatte
auf derselben über fünfhundert Jahre lang stattgefunden! und noch immer
stockte die Bewegung nicht völlig. Die ausgedehntesten Wohnsitze in der
Mitte derselben bis zur Elbe, der thüringischen Saale, dem Böhmerwald und
den Thalern der Ostalpen hatten in säst unzählig viele Stämme gesonderte
Slawen besetzt. Wir können einfach auf die deutsche Geschichte verweisen
über die langwierigen, am Schluß der Periode noch nicht beendigten Kämpfe,
in welchen die nordwestlichen Stämme mit den Deutschen für ihre Unab¬
hängigkeit und ihren Götzenkult stritten. Was hier die Kraft des Wider¬
standes lähmte, der Mangel strengerer Einigung, dies wurde im Osten
beseitigt, indem sich zwei ausgedehnte Reiche bildeten, Deutschland zunächst
Polen und dessen östlicher Grenznachbar Rußland. Die Entstehung des
erstern liegt ganz in dem Gebiet der Sagen, welche jedoch als Hauptkern
des Volks die Lechen und als die Gegenden, in welchen die Anfänge des
Staats gebildet wurden, die der Netzequellen erkennen laßen. Der Name
Polen bedeutet ^Bewohner der Ebene'. Die einheimisches Überlieferung
stellt an die Spitze als Gründer des Reichs Piast und läßt diesen aus dem
Bauernstand durch freie Wahl zum Herscher erhoben werden. Jedenfalls hatte
die Bedrohung der Lebenseristenz, für welche Gefahr von Westen wie
von Osten (durch die Rußen) und Süden (durch die Ungern) immer näher
rückte, die vereinzelten Gemeinden bestimmt, ihre kriegerische Kraft unter dem
Befehl eines bleibenden, nicht erst im Fall zu wählenden Anführers zusammen-
züfaßen, und eben so hat wol wiederum das Bedürfnis ebenso der Verteidi¬
gung wie des Erwerbs durch Kampf bewirkt, daß der von vornherein kriege¬
rische Befehlshaber die höchste Macht über alles gewann. Drei Stände sind
ursprünglich vorhanden: 1)die freien Grundbesitzer (Szlachta, Szlach-
titzen), welche den Kriegsdienst, namentlich bei der ausgedehnten Pferdezucht
im Land den zu Roß, ausschließlich leisteten; 2) die Kmeten, welche die
Äcker der Grundbesitzer bauten und, wenn auch persönlich frei, doch an die
Scholle gebunden waren; 3) die Sklaven. Wurden die Kmeten auch als
Fußvolk zum Kriegsdienst entboten, so waren sie doch unkriegerisch und
waffenlos und darin, so wie in ihrem ursprünglichen Verhältnis zu der
Szlachta, lag die Ursache, daß sie allmählich in völlige Leibeigenschaft ver¬
fielen, wärend in der Szlachta, obgleich auch die kleinen Grundbesitzer zu
1) Die böhmische, wonach Leschek der Gründer des Reichs gewesen, enthält
offenbar eine Personification, wie sie beliebig um Urheber der Völker unb Reiche
zu erfinden, gebildet zn werden pflegen, hier der Lechen.