Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

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Schweden. — Polen. 
Da hinderten die im Christentum schon befestigten Dänen das Unterliegen 
des Kreuzes, indem sie um 1100 dem Inge Swen besiegen halfen. Damit 
waren freilich die Kämpfe, welche zwischen Heiden und Christen um den 
Sieg und zwischen den Königen und den Stämmen um die Oberherschaft ent¬ 
brannt waren, noch lange nicht beendet. 
Der Osten Europas. 
8 U6. 
Pole n. 
1. Wir wenden uns zu der großen vom Uralgebirge bis zu den Ufern 
der Ostsee und Nordsee ausgedehnten, nach Westen hin immer mehr sich ver- 
schmälernden europäischen Tiefebne. Welch' Fluten von Völkerschaften hatte 
auf derselben über fünfhundert Jahre lang stattgefunden! und noch immer 
stockte die Bewegung nicht völlig. Die ausgedehntesten Wohnsitze in der 
Mitte derselben bis zur Elbe, der thüringischen Saale, dem Böhmerwald und 
den Thalern der Ostalpen hatten in säst unzählig viele Stämme gesonderte 
Slawen besetzt. Wir können einfach auf die deutsche Geschichte verweisen 
über die langwierigen, am Schluß der Periode noch nicht beendigten Kämpfe, 
in welchen die nordwestlichen Stämme mit den Deutschen für ihre Unab¬ 
hängigkeit und ihren Götzenkult stritten. Was hier die Kraft des Wider¬ 
standes lähmte, der Mangel strengerer Einigung, dies wurde im Osten 
beseitigt, indem sich zwei ausgedehnte Reiche bildeten, Deutschland zunächst 
Polen und dessen östlicher Grenznachbar Rußland. Die Entstehung des 
erstern liegt ganz in dem Gebiet der Sagen, welche jedoch als Hauptkern 
des Volks die Lechen und als die Gegenden, in welchen die Anfänge des 
Staats gebildet wurden, die der Netzequellen erkennen laßen. Der Name 
Polen bedeutet ^Bewohner der Ebene'. Die einheimisches Überlieferung 
stellt an die Spitze als Gründer des Reichs Piast und läßt diesen aus dem 
Bauernstand durch freie Wahl zum Herscher erhoben werden. Jedenfalls hatte 
die Bedrohung der Lebenseristenz, für welche Gefahr von Westen wie 
von Osten (durch die Rußen) und Süden (durch die Ungern) immer näher 
rückte, die vereinzelten Gemeinden bestimmt, ihre kriegerische Kraft unter dem 
Befehl eines bleibenden, nicht erst im Fall zu wählenden Anführers zusammen- 
züfaßen, und eben so hat wol wiederum das Bedürfnis ebenso der Verteidi¬ 
gung wie des Erwerbs durch Kampf bewirkt, daß der von vornherein kriege¬ 
rische Befehlshaber die höchste Macht über alles gewann. Drei Stände sind 
ursprünglich vorhanden: 1)die freien Grundbesitzer (Szlachta, Szlach- 
titzen), welche den Kriegsdienst, namentlich bei der ausgedehnten Pferdezucht 
im Land den zu Roß, ausschließlich leisteten; 2) die Kmeten, welche die 
Äcker der Grundbesitzer bauten und, wenn auch persönlich frei, doch an die 
Scholle gebunden waren; 3) die Sklaven. Wurden die Kmeten auch als 
Fußvolk zum Kriegsdienst entboten, so waren sie doch unkriegerisch und 
waffenlos und darin, so wie in ihrem ursprünglichen Verhältnis zu der 
Szlachta, lag die Ursache, daß sie allmählich in völlige Leibeigenschaft ver¬ 
fielen, wärend in der Szlachta, obgleich auch die kleinen Grundbesitzer zu 
1) Die böhmische, wonach Leschek der Gründer des Reichs gewesen, enthält 
offenbar eine Personification, wie sie beliebig um Urheber der Völker unb Reiche 
zu erfinden, gebildet zn werden pflegen, hier der Lechen.
	        
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