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IX. Die Griechen.
bei Ehäronea (338) seine Hoffnung zerschmetterte. Aber muthvoll erklärte er
in der Versammlung: auch so gereuten ihn seine Rathschläge nicht. Bald
änderte ein unerwartetes Ereigniß die ganze Lage der Dinge. Philipp fiel
als Opfer eines Meuchelmords; ein noch wenig gekannter Jüngling ward
sein Nachfolger. Sofort ward Demosthenes der Stifter einer zweiten Ver¬
bindung der Griechen: aber Alexander erschien plötzlich vor Theben; die
schwere Rache, die er hier nahm, zerstörte sofort den Bund, die Auslieferung
von Demosthenes, Lykurg und mehreren seiner Gehülfen ward gefordert, aber
Demades glich damals die Sache aus und besänftigte den König. Seine
Kraft blieb also gelähmt, als Alexander nach Asien ging; er fing an, wieder
das Haupt zu erheben, als Sparta das Joch abzuschütteln versuchte, aber
unter Antipater erlag er. Dennoch war es um diese Zeit, als er durch die
berühmteste seiner Reden den Sieg über den beredtesten seiner Gegner davon
trug, und Aeschmes Athen verlassen mußte. Aber seine Feinde, die Führer
der macedonischen Partei, schienen dadurch nur noch mehr erbittert zu sein,
und bald fanden sie eine Gelegenheit, ihn zu stürzen. Wie Harpalus, ge¬
flüchtet von Alexander's Heer, mit feinen Schätzen nach Athen kam, und die
Frage entstand, ob man hier ihn dulden wollte, ward Demosthenes beschul¬
digt, durch sein Geld gewonnen zu sein, wenigstens still zu schweigen. Das reichte
hin, ihn in eine Geldstrafe verfallen zu machen, deren Nichtbezahlung ihn
in den Kerker brachte. Es gelang ihm, daraus zu entfliehen, aber für den
Mann, der nur dem Vaterlande lebte, war das Exil so schlimm wie der
Kerker. Meist weilte er auf Aegina und in Trözen, von wo aus er mit
nassen Augen nach dem nahen Attika hinüberblickte. Plötzlich und un¬
erwartet brach ein neuer Strahl durch die Gewölle. Die Nachricht erscholl,
Alexander sei todt. Der Augenblick der Befreiung schien da zu fein, ganz
Griechenland gerieth in Bewegung, die Gesandten der Athener durchzogen die
Städte, unter sie mischte sich Demosthenes, sprach, half und bewirkte, daß
sie sich gegen Macedonien verbanden. Zum Ersatz dafür beschloß das Volk
seine Rückkehr, und für Jahre von Leiden folgte endlich ein Tag hohen Lohnes!
Eine Triere ward nach Aegina gesandt, den Sachwalter der Freiheit zu
holen. Ganz Athen erhob sich, kein Beamter, kein Priester blieb in der Stadt,
als der Ruf erscholl, daß Demosthenes aus dem Piräus herausziehe. Ueber-
wältigt von seinen Gefühlen pries er sich glücklicher als Alcibiades, denn
nicht gezwungen, sondern freiwillig rufe ihn sein Volk zurück! Es war ein
Sonnenblick des Glücks, den bald schwärzere Gewölle als je vorher verdun¬
keln sollten! Antipater und Kraterus siegten," mit ihnen in Athen die mace-
donische Partei; Demosthenes und seine Freunde wurden in den Anklage¬
stand versetzt, und auf Demades' Antrag zum Tode verurtheilt. Sie hatten
sich schon vorher heimlich aus der Stadt entfernt, aber wo einen Zufluchts¬
ort finden? Hyperides mit zwei Anderen hatten sich auf Aegina in das Heilig¬
thum des Aiax geflüchtet. Umsonst, sie wurden weggerissen, zum Antipater