Full text: Die Zeit von Karl dem Großen bis zu den Kreuzzügen (Bd. 2, Abth. 2)

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durch Procuration vollzogen. Aber damit war der König von Frank¬ 
reich Karl 8. höchlich unzufrieden, weil ihm dadurch die Aussicht auf 
Bretagne ganz genommen wurde, und ihm nicht gleichgültig seyn 
konnte, daß ein fremder Fürst ein französisches Land besäße. Er faßte 
daher den Entschluß, es koste, was es wolle, die bereits vollzogene 
Heirath rückgängig zu machen, und die Herzogin Anna selbst zu hei- 
rathen. Zwar war er bereits mit Maximilians Tochter, Margarethe, 
verlobt; aber das hielt ihn nicht ab. Er siel mit einem Heere in 
Bretagne ein, eroberte die Hauptstadt Rennes, wo die Herzogin resi- 
dirte, und brachte diese theils durch Vorstellungen theils durch Beste¬ 
chung ihrer Räthe dahin, daß sie ihm die Ehe versprach. Der Papst 
ertheilte Dispensation, und Anna wurde Königin von Frankreich. Maxi¬ 
milian war über diesen ihm öffentlich vor ganz Europa zugefügten dop¬ 
pelten Schimpf äußerst aufgebracht; Karl hatte ihm die Frau geraubt 
und die Tochter zurückgeschickt. Das forderte Rache. Er erhielt von 
König Heinrich 7. von England das Versprechen der kräftigsten Unter¬ 
stützung; die deutschen Fürsten wollten aber von keiner Beihülfe, die 
ihnen der Kaiser zumuthete, etwas wissen. Daher mußte sich Maxi¬ 
milian, ehe noch der Krieg angefangen hatte, zu einem Frieden (zu 
Senlis 1493) verstehen; denn auch der König von England that nichts 
für ihn, weil der König von Frankreich seinen Geiz mit einer Geld¬ 
zahlung befriedigt hatte. Karl behielt die geraubte Anna, und Maxi¬ 
milian mußte mit der Zurückgabe von Artois, Charolois und der 
Grafschaft Burgund zufrieden seyn. — Bald darauf vermählte er sich 
zum dritten Male, und zwar mit der mailändischen Prinzessin Blanka 
Maria, die ihm, dem Geldarmen, eine reiche Aussteuer mitbrachte, 
ihn aber zugleich zur Theilnahme an den italienischen Händeln veranlaßte. 
Die Deutschen dürfen nie vergessen, daß sie ihm recht viel zu 
verdanken haben. Er war es zunächst, der endlich Ruhe und Ord¬ 
nung einführte, und dem verderblichen Faustrechte ein Ende machte. 
Das Volk war des gesetzlosen Zustandes endlich müde, und sehnte sich 
nach Ruhe. Der Adel war nicht mehr so roh wie sonst, und also 
auch nicht mehr so kriegerisch. Dasselbe galt von den Bürgern, die 
durch Handel und Gewerbe zu bedeutendem Wohlstände gelangt waren, 
und da man jetzt Schießpulver und Kanonen hatte, so konnten die 
Edelleute in ihren Felsenschlössern nicht mehr die Befehle des Kaisers 
verhöhnen. Diese Lage der Dinge erkannte Maximilian, und beschloß 
dem Reiche den allgemeinen Frieden zu geben, an welchem schon frühere 
Kaiser, besonders sein Vater, aber immer vergeblich, gearbeitet hatten. 
Er versammelte zu dem Ende die Fürsten zu einem Reichstage in 
Worms 149',. Alle, bis auf den Kurfürsten von Brandenburg, 
kamen persönlich, und erklärten sich bereit, des Kaisers Absicht zu un¬ 
terstützen. Bisher war nur auf einige Jahre ein Landfrieden geschlos-
	        
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