Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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19. Der Brudermörder. 
Waldemar der Sieger war am Gründonnerstag 1241, einundsiebzig 
Jahre alt, gestorben. Sein ältester Sohn, der junge Waldemar, sank zehn 
Jahre vor dem Vater ins Grab; er starb an einer FußMnde, die er auf der 
Jagd durch die Unvorsichtigkeit eines Begleiters erhalten hatte. Der zweite. 
Sohn, Erich, ward nun König von Dänemark; Abel war schon seit neun 
Jahren Herzog von Schleswig, und Christoph hatte andere Theile des 
väterlichen Reiches zu Lehen. 
König Erich war entschlossen, die Schmach seines Vaters an dessen 
fyeinbert zu rächen und das verlorene Land wieder an die Krone zu bringen. 
Zunächst war es auf die Wiedergewinnung Holsteins abgesehen, wo Herzog 
Abel noch immer für die minderjährigen Grafen die Regentschaft führte. 
Unter solchen Umständen war es eine schwere Zumuthung, die der König an 
den Herzog stellte: er solle ihm als Lehnsmann helfen, die Holsteiner zu 
bekriegen. Der Herzog weigerte sich entschieden und erklärte, daß er die 
Pflicht und den Willen habe, das Land seiner Schwäger und Mündel gegen 
die unberechtigten An- und Eingriffe seines Bruders zu vertheidigen. Um 
seinen Worten mehr Nachdruck zu geben, rief er die Fürsten von Mecklen¬ 
burg zu Hülfe; dem Könige aber sagten sein Schwiegervater Albert von 
Sachsen und der Herzog Otto von Braunschweig Beistand zu. 
Schon standen die feindlichen Brüder in der Nähe von Kolding einander 
gegenüber, als es den deutschen Fürsten gelang, den Frieden zu vermitteln. 
Abel mußte im Herbst 1241 der Vormundschaft entsagen und diese dem Erz¬ 
bischof von Bremen übertragen; die jungen Grafen Johann und Gerhard, 
welche zur Zeit in Paris studirten, sollten, sobald sie mündig wären, selbst 
die Regierung antreten. 
Kaum war diese Fehde geschlossen, so entstand eine andere. Der König 
verlangte von Abel, er solle sein Herzogthum von ihm zu Lehen nehmen und 
ihm als Lehnsherrn huldigen; der Herzog aber behauptete, das Herzogthum 
als ein freies Erbland von seinem Vater erhalten zu haben. Die Feind¬ 
seligkeiten begannen daher im folgenden Jahre von Neuem. Der König 
fiel in Schleswig ein und verheerte das Land; Abel ging nach Dänemark 
und machte es dort eben fo; die armen Unterthanen hatten den Schaden. 
Zwar versöhnten sich die Brüder dann und wann; aber die Gemüther 
schlossen keinen Frieden, und der Bruderkrieg begann stets auss Neue. Im 
Jahre 1248 wurden auch die beiden holsteinischen Grafen, welche sich ein 
Jahr früher das Land ihrer Väter getheilt hatten (Johann nahm Wagrien 
mit Kiel, Gerhard Stormarn und Holstein mit Itzehoe und Hamburg, Lü- 
dcrs war als Knabe gestorben), hineingezogen. Schleswig und Holstein 
litten ungemein; denn überall wurde geschlagen, geplündert und gesengt. 
Ein Hauptschlag gelang dem Könige in der Ueberrumpelung der Stadt 
Schleswig. Er hatte noch immer Rendsburg in seiner Gewalt. Der 
Befehlshaber der dortigen Besatzung setzte den Ueberfall so geheim als mög¬ 
lich ins Werk, während der König, holsteinische Städte angriff und die Auf¬ 
merksamkeit seines Bruders auf sich zu ziehen wußte. Der Anschlag glückte. 
Der Kommandant von Rendsburg hieß Heinrich Aemeltorp oder Meldorp 
und war wahrscheinlich ein Meldorfer und Mitglied.der adllgen Geschlechter
	        
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