Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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Aufgemuntert durch diesen Sieg, beschloß nun Gerhard der Große, die 
Dithmarscher in ihren eignen Grenzen anzugreifcn. Die aus Dithmarschen 
gewichenen Reventlowe, besonders Hartwig, der soviel bei Gerhard galt, 
sahen diesen Entschluß gewiß gern und reizten wohl noch zum Kriege gegen 
ihre eigenen Landsleute an; auch sie hegten Rache gegen dieselben oder doch 
gegen einzelne Geschlechter, wie gegen die Meienmannen und Woldrikesman- 
nen, mit denen sie aus Blutrache entsprungenen, alten Zwist hatten. Der 
Herzog von Mecklenburg und andere Fürsten waren zur Unterstützung bereit; 
denn es galt ja, freie Bauern zu unterwerfen. 
Ein Scheingrund zu diesem Angriff war leicht gesunden. Der Erz¬ 
bischof von Bremen, dem Dithmarschen in geistlichen Dingen unterthan war, 
jener Großohm Gerhards, bei dem er seine Jugend verlebte, hatte an Ger¬ 
hards Vater drei dithmarsische Kirchspiele theils verschenkt, theils verpfändet. 
Der Herr Erzbischof geruhte da, den Herrn des Landes Dithmarschen zu 
spielen, obgleich er nur der geistliche Oberherr sein sollte. Die Dithmarscher, 
schon zur vollen Unabhängigkeit gelangt, hatten sich gegen diese beabsichtigte 
Zerstückelung und Weggabe ihres Landes verwahrt. Dennoch gründete Ger¬ 
hard jetzt aus diese nie anerkannte frevelhafte Schenkung an seinen Vater 
seine Ansprüche. 
Mit einem gewaltigen Heereszuge, angeführt von ihm selbst, dem Her¬ 
zog von Mecklenburg und vielen Grafen und Herren, fiel er nun im Herbst 
1320 in Dithmarschen ein. 
Die überraschten Bauern wurden in einzelnen Haufen von dem kriegs¬ 
geübten Heere aufgerieben. Sengend und brennend drang der Feind über 
die Süderhamme und Hemmingstedt landeinwärts. Im Herzen des Landes, 
nicht weit von Oldenwöhrden, hatten sich die Bauern gesammelt. Es ent¬ 
spann sich ein furchtbarer Kampf. Die Dithmarscher stritten mit aller Tapfer¬ 
keit und wahrer Todesverachtung. Aber die furchtbare Uebermacht gewann 
die Oberhand. Die Bauern waren- zersprengt und Alles wollte sich in wilde 
Flucht auflösen. Da beschwor sie einer ihrer Aeltesten, nicht schimpflich ihre 
Freiheit preiszugeben, und brachte sie durch seinen Aufruf zu neuem Stand¬ 
halten. Sie stritten abermals mit dem Muthe der Verzweiflung wohl eine 
Stunde lang. Abermals unterlagen sie der Uebermacht. Viele blieben auf 
dem Platze, Andere erstachen sich gegenseitig oder stürzten sich ins Wasser, 
um den Siegern nicht in die Hände zu fallen. 
Die Versprengten verbergen sich in Verstecken, besonders in den Gräben, 
die ihre Felder durchschneiden. Mit einem Haufen wirft sich der besonnene, 
umsichtige Aeltestv in die Kirche zu Oldenwöhrden. Die Kirche war mit 
einem tiefen Wassergraben umgeben, die Zugänge werden verrammelt, das 
Gotteshaus wird nach Art eines Schlosses befestigt. Eilboten flauen in die 
entlegenen Gehöfte, um Männer und Weiber zur Verthcidigung des Vater¬ 
landes aufzufordern. Es galt, die Schleusen zu öffnen, wodurch man das 
Feld überschwemmen konnte, und die Wege im Rücken der Feinde zu durch¬ 
grab en. 
Die Fürsten und Herren rückten im stolzen Triumph bis Oldenwöhrden 
nach. Sie schlugen und würgten Alles, was ihnen vorkam. Oldenwöhrden 
wurde bald genommen, die Kirche von einem Theil des Heeres umzingelt. 
Ein anderer Theil zerstreute sich in Haufen über das Land, plünderte hm ' 
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