Full text: Kurzgefaßtes Lehrbuch der Erdkunde

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Senkrechte Gliederung. Eine noch größere Mannigfaltigkeit als 
in der Bildung der Küsten und Inseln zeigt sich in der Gestaltung der 
Oberfläche Europas. Sie zeigt einen so reichen Wechsel von allen Haupt- 
formen der Bodenbildung wie kein anderer Erdtheil. Fast nirgendwo 
findet ein Vorherrschen irgend eiuer massenhaften Bildung statt wie in 
Asien, welches ebenfalls den Vorzug einer reichen, aber massenhaften senk- 
rechten Gliederung hat Das Hochland verhält sich zum Tieflande wie 
1: 4, es besteht jedoch nirgends aus sehr großen, einförmigen, den Völker- 
verkehr hemmenden Flächen, sondern wird vielmehr reichlich von kleinen Tief- 
ländern unterbrochen. Auch sind die Hochgebirge weder von so ausgedehnter 
Länge, noch von so bedeutender Höhe wie die Asiens und Amerikas, und 
die sie allenthalben durchbrechenden Stromthäler und Niederungen machen 
sie leichter zugänglich als ähnliche Formen in anderen Erdtheilen. Ins- 
besondere sind die europäischen Hochgebirge, im Gegensatze zu dem Hima- 
laja und den Cordilleren, freistehende Gebirgsfhsteme mit doppelter 
Abdachung, doppeltem Naturreichthume, so daß sich aus deren beiden 
Seiten Civilisation zu entwickeln vermochte. In Mittel- und Süd-Europa 
ist die Form des Mittelgebirges, in Osteuropa die des Tieslandes vor- 
herrschend. Die Einförmigkeit dieses Tieflandes wird jedoch dadurch ge- 
mindert, daß es keine ununterbrochene horizontale Ebene bildet, sondern 
mehrfach mit kleinen Hochflächen, Hügeln und Höhenzügen abwechselt. 
Scheidende Wüsten, wie wir sie in den andern Erdtheilen in großer 
Ausdehnung getroffen haben, fehlen in Europa gänzlich. 
Das GebirgSland. Eine Linie von der Rheinmündung nach der 
des Dnjester scheidet das nordöstl. Tiefeuropa vom dem südwestl. Hoch- 
europa. Der H och land s st am m hat die Gestalt eines Dreiecks, dessen 
Seiten Linien von der Rheinmündung nach der des Dnjester, von dieser 
zur Garonnequelle und von hier zur Rheinmündung bilden. Er besteht 
aus vier gesonderten Gebirgsländern, einem Hochgebirgskerne, den Alpen, 
in der Mitte, dem französischen Mittelgebirge im W, dem 
deutschen im N. und dem karpathischen im O. derselben. Nur 
das deutsche Mittelgebirge häugt unmittelbar mit den Alpen zusammen, 
während der westl. und der östl. Flügel des europäischen Mittelgebirges 
von den Alpen, und dieser auch von dem deutschen Mittelgebirgslande 
durch Tiefebenen getrennt sind. 
Die Hochlandsäste. Mit den Alpen hängen auch die Gebirge 
zusammen, welche die italische und griechische Halbinsel ausfüllen. Die 
Apenninen als Fortsetzung der Westalpen und das griechisch-mace- 
donischc Gebirge mit dem Balkan oder HämuS als Fortsetzung der 
Ostalpen. Die Pyrenäen dagegen, welche sich als Grenze zwischen dem 
Festlande und der iberischen Halbinsel ansthürmen, sowie die Gebirge 
dieser Halbinsel stehen außer allem Zusammenhange mit den Alpen und 
dem französischen Mittelgebirge. 
Außer diesen drei im S. liegenden Gebirgsländern hat Europa deren 
noch zwei im N., sowie zwei Grenzgebirge, eins im O. und eins im 
S.O. Das skandinavische Hochgebirgsland füllt den größten 
Theil der gleichnamigen Halbinsel, während die britischen Ge- 
birge im westl. und nördl. Theile Großbritanniens und Irlands liegen. 
Im O. bildet der Ural, im SO. der Kaukasus die Grenze. 
Uebersicht des Tieflandes. Um das Gebirgsland von Mitteleuropa 
zieht sich ein zusammenhängendes Tiefland von dem Fuße der Westpy¬
	        
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