Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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Zwei Gottorfer auf den nordischen Thronen — das dünkte Chri¬ 
stian VI. eine allzugefährliche Nachbarschaft, und er suchte wenigstens die 
Erwählung des Fürstbischofs zu Hintertreiben, indem er den Schweden seinen 
eignen Sohn Friedrich empfahl. Aber seine Bemühungen waren fruchtlos; 
Adolf Friedrich wurde zum Thronfolger in Schweden erwählt. 
Christian VI. versuchte jetzt auf gütlichem Wege, sich die Gottorfer 
vom Hals zu schaffen. Cr bot dem Großfürsten Karl Peter Ulrich einen 
Tausch an. Er wollte ihm fürHolstein-Gottorf und die Ansprüche auf Schles¬ 
wig das früher erworbene Oldenburg und Delmenhorst geben; aber der 
Großfürst lehnte dieses Anerbieten ebenso entschieden ab, wie einst sein Vater 
die Million. Alles, was Christian erlangen konnte, war ein auf 15 Jahre 
geschloffener Vertrag, in welchem festgesetzt wurde, hinsichtlich Schleswigs 
sich gütlich vergleichen zu wollen. Bald nach Abschluß dieses Vertrages starb 
Christian VI. (1746) und hinterließ dei§ Thron und die Unterhandlungen 
seinem Sohne Friedrich V. ^ 
Diesem Fürsten gelang es zunächst, den schwedischen Thronfolger Adolf 
Friedrich zu einem Vertrag zu bewegen. Derselbe entsagte zu Gunsten des 
Königs und seiner männlichen Nachkommen allen Ansprüchen auf Schleswig 
und erklärte sich bereit, falls ihm oder seinen Nachkommen die Nachfolge in 
Holstein zufalle, dieses Land gegen Oldenburg und Delmenhorst zu vertau¬ 
schen. Auch mit dem Großfürsten ward verhandelt, die Sache schien dem Ab¬ 
schluß nahe; nur die Größe der Entschädigungssumme war noch streitig — 
da brach der Großfürst plötzlich die Unterhandlungen ab. 
Für das Land wäre es offenbar eine Wohlthat gewesen, wenn der 
Tausch zu Stande gekommen wäre; denn Friedrich V. war ein tüchtiger, 
wohlwollender Fürst, der für das Beste seiner Lande sorgte. Er suchte das 
Schulwesen und die Armenpflege in den Herzogthümern zu verbessern, Han¬ 
del und Gewerbe zu heben und bestätigte die Landesrechte als Privilegien 
der schleswigholsteinischen Prälaten und Ritterschaft. Während so im könig¬ 
lichen Antheil der Herzogtümer Ordnung und Zufriedenheit herrschte, sah 
es im Gottorfer, oder wie man jetzt sagte, im großfürstlichen Antheil säst 
noch schlechter als früher aus. Der Großfürst lebte in Petersburg; das 
„geheime Conseil" besorgte die Regierungsgeschäfte und es hielt schwer, auch 
nur ein Wort nach Petersburg an den Großfürsten gelangen zu lassen. So 
wurde denn die Regierung mit großer Willkür geführt; ein Beamter suchte 
den andern zu verdrängen, und man erzählt, daß die höhern Beamten immer 
Pferde gesattelt hielten, um sogleich zur Flucht bereit zu sein; denn unver- 
muthete Verhaftungen waren etwas Gewöhnliches, und das gute Gewissen 
fehlte wohl den meisten. Auch den ausgezeichneten Westphalen traf das 
Schicksal, 1750 verhaftet zu werden. Da wagte es der Amtsverwalter von 
S ald ern in Neumünster, insgeheim nach Petersburg zu reisen. Er benutzte 
einen günstigen Augenblick und bat den launigen und heftigen Großfürsten 
nur auf ein Wort um Gehör. Erstaunt über die seltene Art des Eingangs 
gestattete der Fürst ihm, zu reden; sein Erstaunen wuchs, als Saldern mit 
ungewöhnlicher Beredtsamkeit eine Schilderung der Landesverwaltung und 
der herrschenden Mißbräuche gab. Saldern gefiel dem Großfürsten, gefiel 
am russischen Hofe und kam 1759 als großfürstlicher Etatsrath zurück, ward 
Mitglied des „geheimen Raths" und war mit Erfolg für die Verbesserung
	        
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