286
Ewalds Eigenmächtigkeit ward nicht gestraft. Ja, man rühmte sogar
seine Theilnahme an der schmachvollen Waffenthat, und der kriegslustige Ge¬
neral durfte sich noch weiter an der Verfolgung deutscher Patrioten bethei¬
ligen. Der Herzog von Braunschweig, den Napoleon seiner Länder beraubt
hatte, hatte nämlich im letzten Kampf unter Oestreichs Fahnen gesochten,
bis Oestreichs Schicksal durch die unglückliche Schlacht bei Wagram (6. Juli
1809) entschieden war. Da, als er Alles verloren sah, faßt er den kühnen
Entschluß, sich mit seiner schwarzen Schaar von 1500 Mann, „den Todten-
köpfen", aus Mähren bis zur Wesermündung durchzuschlagen, um von da
aus auf englischen Schiffen nach England zu entkommen. Durch Sachsen
und Westphalen, wo er in seinem Braunschweig einen Ruhe- und Siegestag
feierte, gelangte er, überall bit weit zahlreicheren Feinde zurückwerfend, ans
Ziel und schiffte sich zu Elsfleth unter einem Regen von dänischen Kugeln ein.
Indem so der König von Dänemark seine Truppen zu französischen
Schergen machte, kettete er sein Schicksal an dasjenige seines Verbündeten;
mit Napoleon hatte er zu steigen gehofft, mit ihm mußte er fallen.
Im Frühling 1812 war Napoleon mit einer Armee, so groß und herr¬
lich, wie die Welt noch keine gesehen, gegen Rußland gezogen; im Spätherbst
desselben Jahres kam der Führer der großen Armee aus einem ärmlichen
Bauernschliten nach Deutschland zurück, und hinter ihm her erhoben sich die
unterdrückten Völker. Preußen verband sich mit Rußland und England, und
Schwedens Beitritt zu diesem Bunde ward durch das Versprechen erkauft,
daß Dänemark gezwungen werden sollte, Norwegen abzutreten.
Dänemarks Lage ward bedenklich und man wandte sich mit der Bitte
um Frieden an England; England forderte aber die Abtretung Norwegens
an Schweden und den offenen Beitritt zum großen Bunde gegen Napoleon.
Das war der dänischen Regierung zu viel, und als nun mittlerweile.Na¬
poleon aufs Neue mit einer starken Armee aus Frankreich hervorbrach und
siegreich in Deutschland eindrang, da entschied sich Friedrich VI. abermals
für ein Bündniß mit dem französischen Kaiser.
Aber der Siegeslauf des Kaisers nahm in der großen Völkerschlacht bei
Leipzig (18. October 1813) ein Ende, und nun kam auch die Reihe an
Dänemark. Der Kronprinz von Schweden ging nach der Schlacht bei Leipzig
mit einer aus Russen, Schweden und Deutschen bestehenden Heeresinacht
nach Norden, um in Schleswigholstein Norwegen zu erobern.
Anfang Decembers 1813 überschritt Karl Johann (Bernadotte) die
holsteinische Grenze. Die Regierung, welche durch sechsjährige fruchtlose
Rüstungen die Kraft ihrer Lande erschöpft hatte, war dem Anscheine nach aus
einen ernstlichen Widerstand gar nicht mehr bedacht. Der französische Mar¬
schall Davoust (Eckmühl) zog sich nach Hamburg zurück, das nun bis zum
30. April 1814unter seiner eisernen Ruthe zu leiden hatte. Prinz Friedrich
von Hessen, der Sohn des Statthalters, der Kommandeur der dänischen
Truppen, trennte sich von den Franzosen und besetzte Lübeck, um von da aus
den Rückzug anzutreten. Fortwährend von den Feinden verfolgt, zog er
über Scgeberg nach Bornhöved, wo es am 7. December zu einem Zu¬
sammenstoß kam, wobei 200 Schweden fielen. Der Rest des Heeres entkam
nach Kiel. Von hier ging Friedrich über den schleswigholsteinischcn Kanal
auf Rendsburg zu und traf am 10. December bei Sehestedt auf eine be¬