Full text: Bilder aus der schleswig-holsteinischen Geschichte

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Er war ein echter Genosse jenes kräftigen und edlen Volksstammes, unter 
dem er geboren war, der freiheitsstolzen Friesen, welche, am nordwestlichen 
Saume des Landes nach Dänemark sich hinauf ziehend, den Uebergang vom 
deutscken zum skandinavischen Germanenthum bilden. Hochfahrend und 
rücksichtslos konnte der Mann sein, dessen hoher Wuchs und stolze Haltung 
den gebietenden Charakter bezeugten; auch klagte er wohl selbst, daß er 
nicht gelernt habe, die Bedeutung der Form im Verhältniß zur Sache gehörig 
zu würdigen. Aber in seine Seele hatte Gott eine edle Leidenschaft für 
Freiheit, Recht und Vaterland gesenkt; ihm war neben einem geraden, 
männlichen Sinn und einem durchdringenden Verstände eine seltene That- 
kraft gegeben, welche bei günstigem Geschick das Höchste hätte leisten können, 
in dieser Zeit und unter diesen Verhältnissen jedoch seine Lebenskraft 
zerstörte. So siel er, ein Opfer seiner eigenen Natur; denn an sich selbst 
dachte er zuletzt; er sah sich nur als ein Mittel für die Bethätigung seiner 
Ueberzeugung an. Das war die hohe Bescheidenheit, welche sich dem, der 
ihn genauer kannte, als die schönste Seite seines Charakters darstellte; die 
Demuth bei allem Mannesstolze, welche sich ohne Klage vor dem ewigen 
Verhängniß beugte." 
Was Lornsen angeregt hatte, davon ward übrigens den Herzogthümern 
Manches noch zu seinen Lebzeiten zu Theil. Schon am Tage nach der 
Verurtheilung des edlen Friesen erließ Friedrich VI. eine Bekanntmachung, 
worin er versprach, daß er beabsichtige, in seinem Reiche Dänemark, gleichwie 
in seinen Herzogthümern Schleswig und Holstein, berathende Stände einzu¬ 
führen. Im Jahre 1834 wurden diese Stände, freilich für jedes Herzog¬ 
thum gesondert, ins Leben gerufen; auch erhielten die Herzogthümer eine 
gemeinsame Negierung, ein gemeinsames Ober-Appellationsgericht, ein 
gemeinsames Eraminationscollegium. 
50. Christian VIII. 
Friedrich VI. starb am 3. December 1839. Er hat sich bis an fein 
Lebensende die Liebe seines Volkes bewahrt. In Dänemark nannte man 
ihn, und zwar mit Recht, den ersten „dänischen" König, in Schleswigholstein 
übersah man seine Danisirungsversuche und die Uebervortheilung der Herzog¬ 
thümer, die man mehr seiner Umgebung als ihm selbst zur Last legte, und 
betrauerte ihn herzlich als den Wohlthäter des Landes. 
Da Friedrich keine Söhne hinterließ, so bestieg jetzt fein Vetter, 
der älteste Sohn des 1805 verstorbenen Erbprinzen Friedrich, als 
Christian VIII. den Thron. Er war als Kronprinz mit einer mecklen¬ 
burgischen Prinzessin vermählt und hatte aus dieser Ehe einen Sohn, den 
spätern König Friedrich VII. Nachdem er sich von dieser ersten Gemahlin 
1809 wegen trauriger Zerwürfnisse hatte scheiden lassen, ging er als König 
1840 nach Augustenburg und heirathete die Tochter des Herzogs von 
Augustenburg, den wir im Staatsrath von 1806 schon kennen lernten, die 
kluge und leutselige Caroline Amalie/ Da sie eine Enkelin der unglücklichen 
Caroline Mathilde, er aber ein Enkel der berüchtigten Juliane Marie war, 
so schien es, als ob durch diese Heirath nicht bloß eine Annäherung der
	        
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