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Herzogthümern die Weiberlinie des altern königlichen Hauses erbberechtigt
sein sollte.
Christian VIII. war Gesammtstaatsmann; das hinderte ihn aber nicht,
auch die Umtriebe der Eiderdänen in manchen Stücken zu begünstigen.
So wurden 1842 die alten schlcswigholsteinischen Regimenter umge¬
formt und fester mit der dänischen Armee verbunden; ihre alten Namen
verschwanden und mußten den Nummern Platz machen, die sich an die
dänischen anschlossen; die schleswigsche und holsteinische Fahne, der goldene
Löwe auf blauem Felde und das silberne Nesselblatt, mußte dem Danebrog
Weichen. „Das weiße Kreuz auf rothem Grunde," sagte der König in
Rendsburg zu den neu formirten Soldaten, „hat von jeher für ein
Denkmal der Treue gegen Gott und den König gegolten." Der Fahnen¬
tausch ward aber von den Soldaten bitter empfunden, und die alten
Unterofficiere weinten, als statt ihrer alten reichgestickten seidenen Fahnen
der Danebrog über ihnen flatterte.
So wurden auch die Civilbeamten angewiesen, in Dienstuniform stets
die dänische Kokarde zu tragen. Nur die Zollbeamten retteten noch das
schleswigholsteinische Wappen auf ihren Unisormknöpfen, freilich nur auf
4 Jahre, wo diese mit gelben glatten Knöpfen vertauscht werden mußten.
Die Luft wurde immer dumpfer, immer schwüler; die Absicht der
Negierung war nicht zu verkennen. Aber auch die Wünsche der Herzog-
thümer traten immer deutlicher hervor; man war nicht gewillt, sich seine
Selbstständigkeit gutwillig nehmen zu lassen. Aus allen Thcilen beider
Herzogthümer gingen zahlreiche Petitionen und Adressen mit vielen tausend
Unterschriften an die holsteinische Ständeversammlung ein, welche im
October 1844 eröffnet worden war, und es wurde von dieser Ständever¬
sammlung auf Antrag des Grafen Friedrich von Reventlow, Prälaten
des adligen Klosters Preetz, mit Einstimmigkeit die berühmte Adresse an
den König vonr 21. December 1844 beschlossen, in welcher die Rechte des
Landes klar dargelegt wurden: „Die beiden Herzogthümer sind
selbstständige Staaten; der Mannsstamm herrscht in den
Herzogthümern; die Herzogthümer sind fest mit einander
verbundene Staaten."
Niemand hat wohl die damalige Stimmung des Landes deutlicher
ausgesprochen, als der Dichter unsers Nationalliedes, Chemnitz, der
dieses Lied am 25. Juli 1844 dichtete. Als im folgenden Jahr der
Gebrauch aller schleswigholsteinischen Fahnen bei festlichen Aufzügen unter¬
sagt wurde, war das herrliche Lied bereits in Aller Mund, und es hat nicht
wenig dazu beigetragen, den Muth der Schleswigholsteiner im Kampf gegen
die dänischen Uebergriffe zu stählen und das nationale Bewußtsein unsers
Volkes, das zu Lornsens Zeiten so tief gesunken schien, zu beleben.
Der Sohn des Königs, der Kronprinz Friedrich, war, obgleich zum
zweiten Mal verheirathet, nicht beerbt. Der Augenblick, wo dieser letzte
Sprößling des dänischen Königshauses die Augen schließen würde, hatte
bisher in den Augen der Schleswigholsteiner als die Stunde der Erlösung
von dem dänischen Joch gegolten, und im Hinblick auf diese Stunde hatte
der Dichter gesungen: Harre aus, mein Vaterland. Wie Hannover sich von
England schied, als hier mit der Königin Victoria die weibliche Linie auf