19
landes aber versinkt wieder auf mehrere Jahrhunderte in ein undurchdring¬
liches Dunkel. Nur der Name der Angeln hat sich hier in dem Namen
einer Landschaft in Schleswig erhalten. In den entblößten Westen des
Landes mögen damals die Nordfriesen eingewandert sein.
5. Karl der Große und Gottfried.
Im Jahre 772 hielt Karl der Große, der seit vier Jahren König
der Franken war und bereits die deutschen Völkerschaften am Rhein, an der
Donau und am Po unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte, zu Worms
eine allgemeine Volksversammlung und stellte allem Volke vor, wie verdienst¬
lich es sei, die heidnischen Sachsen zu bezwingen und zu Christen zu machen,
weil sie fortwährend die Nordgrenze seines ungeheuren Reichs beunruhigten.
Die Reichsversammlung rief seinen Worten Beifall zu, und der ganze Heer¬
bann des Frankenreichs ward aufgeboten.
Karl drang in das Land der freien Sachsen ein und eroberte zunächst
. die Er es bürg an der Diemel, die sie zu Ehren ihres Kriegsgottes Tyr oder
Er erbaut hatten. Dann drangen die Franken weiter in den heiligen Wald
der Sachsen und fanden in demselben eine hohe, hölzerne Säule, die von
den Sachsen heilig gehalten und irmin-sul, d. i. die Alles tragende Säule
genannt wurde. Karl ließ die Jrminsäule zerschlagen und drang siegreich
bis an die Weser. Dort machte er Frieden mit den Sachsen und ließ sich
Geißeln geben.
Wittekind, der Führer der Sachsen, suchte Schutz und Hülfe bei den
Holsteinern und Schleswigern. Als Karl mit dem Hauptheer das Sachsen¬
land verlassen hatte, kehrte der sächsische Herzog heimlich in sein Vaterland
zurück und reizte die Gemüther zum Abfall. Es ward ihm leicht, seine
freiheitsliebenden Landsleute zu gewinnen; die Sachsen griffen zu den Waffen
und brachten den Franken eine große Niederlage bei. Da kehrte Karl selbst
zurück und hielt zu Verden an der Aller ein erbarmungsloses Gericht;
4500 Sachsen wurden an einem Tage enthauptet.
Wittekind war wieder entkommen, und es ward ihm nach dieser blutigen
Maßregel Karls noch leichter, seine Landsleute zum Kampf für Freiheit und
Vaterland zu bewegen. Das ganze Sachsenvolk erhob sich in wildem Zorn
gegen den „aischen Karl den Schlachter". Es wurde lange und zwar mit
großer Erbitterung gekämpft. Karl siegte zweimal nach einander, und Witte¬
kind stoh abermals über die Elbe. Das sächsische Volk aber wollte sich im¬
mer nicht unterwerfen und kämpfte muthig fort für seine Freiheit wie für
seinen Glauben, während die Franken unablässig das Land mit Feuer und
Schwert verwüsteten.
Endlich erkannte Karl, daß die Strenge allein eher zur Vernichtung
des Volkes, als zur Unterwerfung nnd Bekehrung führen werde; daher
schlug er den Weg der Milde ein. In Paderborn ward ein feierlicher
Reichstag gehalten, zu welchem auch Wittekind'mit seinem Waffengefährten
Abbio (Albion) eingeladen wurde. Karl versprach ihnen sicheres Geleit
und gab ihnen sogar Geißeln zu dessen Bürgschaft. Sie kamen zu ihm
(785), wurden mit ihm ausgesöhnt, ließen sich taufen und hielten von nun
an Glauben und Treue.
2