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im 15. Jahre als Mönch eingekleidet und im 20. Jahre schon als Rector an
der Klosterschule angestellt werden konnte.
In diesem Kloster zu Corvey, das nahe bei Amiens lag, befanden sich
auch viele Sachsen, welche Karl der Große dahin geschickt hatte, um im
christlichen Glauben unterwiesen zu werden. Sie waren meistens in den
Mönchsstand getreten. Karls Sohn und Nachfolger, Ludwig der Fromme,
gestattete ihnen die Rückkehr in ihre Heimath und baute für sie im Sachsen¬
lande an der Weser ein prächtiges Kloster. Da dieses Kloster von Corvey
aus bevölkert wurde, so nannte man es Neu-Corvey. Es wurde mit einer
Klosterschule verbunden und zu einer Missionsstätte bestimmt, aus welcher
christliche Bildung über die Sachsenstämme verbreitet werden sollte. Ansgar
aber wurde zum Vorsteher der neuen Klosterschule ernannt.
Im Jahre 822 ging Ansgar an den Ort seiner Bestimmung ab. Vier
Jahre verweilte er zu Neu-Cyrvey unter mancherlei Mühen und Prüfungen.
Die jetzt so reizende Gegend war damals arm und wüst, und in den Herzen
der kaum bezwungenen Sachsen war der alte Haß gegen die Franken, wie
gegen das Christenthum noch nicht ganz erloschen. Das machte dem pflicht¬
treuen Ansgar sein Amt doppelt schwer. Aber er arbeitete mit unermüdlicher
Treue, und Gottes Segen ruhte auf seinem Wirken. Außer dem Rectoral an
der Schule war ihm das Amt eines Volkspredigers anvertraut worden, und
so fehlte es ihm niemals an Gelegenheit, für das Reich Gottes zu wirken.
Mit wachsender Freude gewahrten die Klosterbrüder die reifenden Früchte
seines eifrigen Strebens.
Da geschah es, daß der südjütische Fürst Harald von seinen Feinden,
Gottfrieds Söhnen, aus seinem Lande vertrieben ward und bei Ludwig dem
Frommen Schutz und Hülfe suchte. Um die Zuneigung und den Beistand
des Kaisers um so eher zu gewinnen, trat er zum christlichen Glauben über
und empfing in der Kirche zu Jngolheim (bei Mainz) nebst seiner Ge¬
mahlin und dem zahlreichen Gefolge die heilige Taufe. Der Kaiser selbst
führte Harald, und die Kaiserin seine Gemahlin zum Taufstein. Wie Harald
aber aus äußern Gründen zum Christenthum übertrat, so ließen sich auch
seine Begleiter mehr durch die schönen weißen Kleider, die ihnen bei der Taufe
geschenkt wurden, als durch eigne Ueberzeugung zur Annahme des Christen¬
thums bestimmen. Einer dieser Täuflinge sagte unter anderm, als ihm
ein seiner Meinung nach weniger gutes Taufkleid gereicht wurde, zum Kaiser:
„Ich bin hier schon zwanzig Mal getauft worden und habe immer sehr hübsche
und weiße Kleider erhalten. Ein solcher Sack aber wie dieser schickt sich besser
für einen Sauhirten, als für einen Soldaten. Schämte ich mich nicht,
nackend dazustehen, so wollte ich dir gleich dein Kleid sammt deinem Christo
wieder zurückgeben." Daher kam es denn, daß Ludwig gar sehr wegen des
Rückfalles seiner Täuflinge besorgt war und den Dänenfürsten aufforderte,
einen Missionar unter sein Gefolge aufzunehmen. Harald willigte ein.
Ludwig wandte sich jetzt an Wala, den Abt des Klosters zu Neu-Corvey, und
bat ihn, ihm einen geeigneten Mann zu empfehlen. Wala wußte keinen
trefflicheren zu nennen, als seinen Rector, der mit glücklichem Erfolg die
Jugend und das Alter zu lehren verstand. So ward Ansgar zum Missionär
für den Norden bestimmt. ^
Ansgar vernahm die Kunde von seiner Erwählung mit inniger Freude;