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Hügel jener Gegend bezeugen. Nun wurden ihm auch die östlichen Slaven
zinsbar, alles Land bis an die Peene unterwarf sich seiner Herrschaft.
Heinrich schlug seinen Wohnsitz in Altlübeck auf, welches der einzige
Ort im weiten Slavenlande war, wo noch eine Kirche stand. Von hier aus
bemühte er sich, sein raublustiges Volk an Ackerbau und friedliche Gewerbe
zu gewöhnen, die Kirchen im Lande wieder herzustellen und die rohen Sitten
der Bewohner zu mildern. Räuber und Landstreicher wurden daher mit
unerbittlicher Strenge ausgerottet und die armen Nachbarn der Wenden, die
Nordelbinger, konnten ihre Schanzen wieder verlassen, worin sie sich aus
Furcht vor Ueberfällen eingeschlossen hatten, und in ihre Wohnungen und
zu ihren Ländereien zurückkehren; denn die Holsteiner bewohnten auch da¬
mals noch in alter Weise ihre einzeln gelegenen Ackerhöfe und blieben auch
noch meistens bei der alten Einfalt ihrer Sitten. Den Wenden kam freilich
der Befehl ihres Fürsten, den Acker zu bauen und Gewerbe zu treiben, höchst
ungelegen; ihre Neigung zur Bequemlichkeit und zum Vergnügen, ihre Ge¬
winnsucht und Raublust fand in der beschwerlichen Landwirthschast keine
passende Beschäftigung. Was ihnen mehr zusagte, war der Handel und die
Räuberei zu Lande und zu Wasser. Daher widerstrebte noch immer ein
Theil der Obotriten der Herrschaft Heinrichs, und wendische Banden streiften
in Raubzügen umher. So fiel im Jahre 1110 ein Haufen slavischer Räuber
in Stormarn ein, nahm in der Gegend von Hamburg das Vieh weg und
führte auch verschiedene Einwohner als Gefangene mit sich fort. Als der
kaiserliche Gaugraf Gottfried das Geschrei vernahm, zog er mit einigen
Hamburgischen Bürgern aus, um die Räuber zu verfolgen. Sie schienen ihm
aber zu zahlreich und er verzog daher, um mehr Leute an sich zu ziehen. Ein
vorübergehender Bauer, dessen Weib und Kinder die Slaven auch weggeführt
hatten, redete ihn ob dieser Zögerung heftig an. „Was zagst du," rief er
unwillig, „du unwürdiger Mann, du bist weibisch und hast kein männliches
Herz. Wahrhaftig, wenn du sehen müßtest, wie dein Weib und deine Kinder,
wie die meinigen, weggenommen würden, du würdest hier nicht stille sitzen.
Mache dich auf, eile und befreie die Geraubten aus der Gefangenschaft,
wenn du verlangst, in diesem Lande noch geehrt zu werden." Dieser Hohn
reizte den Grafen, die Feinde schleunigst zu verfolgen. Endlich erreichte er «
die Räuber und griff sie an. Sie wandten sich zur Flucht, und Gottfried
begann die Verfolgung. Da brach plötzlich ein Theil der Bande, der sich in
einen Hinterhalt gelegt hatte, hervor und griff ihn von hinten an, während
zu gleicher Zeit die Fliehenden den Kampf wieder aufnahmen. Graf Gott¬
fried und feine 24 Begleiter wurden getödtet; die Sieger aber machten sich
mit ihrer Beute davon. Als die Eingesessenen des Landes den Räubern
nachsetzten, fanden sie den Körper des gefallenen Grafen. Sein Haupt hatten
die Feinde mitgenommen; es wurde aber später mit schwerem Gelde
eingelöst.
Der edle Magnus, der im Frieden ebenso gütig und rechtschaffen als
im Kriege muthig und tapfer war, hatte schon 1106 die unruhigen Tage
seiner rühmlichen Regierung geendet und keine Söhne hinterlassen. Seine
Erbgüter sielen an seine beiden Schwiegersöhne, das erledigte Herzogthum
Sachsen aber verlieh Kaiser Heinrick V. dem Grasen Lothar von Supp-
lingburg, der nach Heinrichs Tod (1125) auch deutscher König wurde.