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Gehorsam, wenn auch mit unwilligem Herzen. „Ich sage dir," sagte Niklot
zu Pribislaus, „daß dies Schloß unserm ganzen Lande ein Joch auflegen
wird. Von hier aus wird man Plöen und Oldenburg, Lübeck und Ratzeburg
erobern, Wagrien und das Land der Polaber einnehmen. Selbst die Obotri-
ten werden ihren Händen nicht entgehen." „Wer ist denn der, dem wir dieses
Nebel zuzuschreiben haben?" fragte Pribislaus. „Siehst du," erwiederte
Jener, „dort jenes kahlköpfige Männchen bei dem König stehen? Der ift es,
der dieses Unglück über uns gebracht hat."
Die Burg wurde vollendet und erhielt von dem Kaiser den Namen
Siegeburg, woraus später der Name Segeb erg entstanden ist. Zum Be¬
fehlshaber der Feste ernannte Lothar einen bewährten Kriegsmann, Namens
Hermann; eine starke Besatzung hielt sich stets zu ihrer Vertheidigung
bereit.
Zur großen Freude Vicelins ging der Kaiser in der Unterstützung sei¬
nes Werks noch weiter. Er befahl, am Fuße des Berges eine neue Kirche zu
gründen, und wies zur Unterhaltung der Geistlichen, die daselbst versammelt
werden sollten, die nöthigen Einkünfte an. Die Einrichtung der nothwen-
digen Gebäude, die Aufsicht über die Kirche, die Anstellung der Geistlichen
ward Vicelin übertragen', und Pribislaus ward bei dem Verlust der kaiser¬
lichen Gnade beauftragt, den frommen Mann wie seine Stiftung überall
zu schützen.
Lothar lebte leider nicht lange genug, um seinen Plan, das ganze Land
der Slaven zum Christenthum zu bringen, vollständig auszuführen. Die
Unruhen, welche nach dem Tode des Kaisers 1137 ausbrachen, schienen dem
Pribislaus eine bequeme Gelegenheit zu sein, sich freier und unabhängiger
zu machen. Er ging mit einem Haufen Räuber von Lübeck aus und überfiel
die Niederlassung am Fuße des Alberges. Die kirchlichen Gebäude wurden
in Asche gelegt. Einer von den Brüdern, Volker, ein einfältiger Mann,
ward erstochen; die übrigen retteten sich nach Neumünster. Der Priester
Ludolf und einige andere Geistliche, die Vicelin an der Lübecker Kirche an¬
gestellt hatte, fanden zwar in dem Schlosse des Pribislaus Schutz, mußten
aber hier die Qualen ansehen, welche die gefangenen Christen von dem
räuberischen Volk anszustehen hatten. Als nun gleich darauf Lübeck von dem
Fürsten Ratze von Rügen angegriffen, erobert und zerstört wurde, verbargen
sich die geängstigten Priester anfangs im Schilf und suchten dann gleichfalls
Schutz und Zuflucht in Neumünster. Aber auch hier war bald große Noth.
Die slavischen Räuberbanden drangen auch hierher. Der Flecken Neumünster
war unaufhörlich dem Morden und der Verheerung ausgesetzt und schien eine
Einöde zu werden. Vicelin suchte in seinem befestigten Kloster die Verfolg¬
ten zu trösten und ermunterte sie, ihre Hoffnung auf Gott zu setzen. Oeffent-
liche Gebete, Fasttage und Bußübungen wurden angestellt —■ und Gott er¬
hörte das Seufzen der Seinen.
Wagrien ward erobert und das entvölkerte Land mit neuen Einwoh¬
nern besetzt, die dem Christenthum zugethan waren. Für das zerstörte
Lübeck entstand eine neue Stadt und in derselben ward eine Kirche gebaut,
die Vicelin mit Geistlichen versah. Die Kirche zu Segeberg ward um größe¬
rer Sicherheit willen auf der Westseite der Trave, zu Högersdorf oder
Küslin, wie es die Slaven nannten, aufgeführt. Hierher wurde auch das