Full text: Die Geschichte des Mittelalters (Bd. 2)

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Vierter Zeitraum des Mittelalters: 1273—1492. 
besondere aber von Karl Vi., Könige von Frankreich; denn hier hatten 
die Nachrichten über die -Fortschritte der Osmanen in Europa schon 
längst die Idee eines neuen Kreuzzuges geweckt. Die Gesammtstärke 
des Heeres, welches Sigmund den Osmanen entgegen stellen konnte, 
belief sich auf nahe an 100,000 berittene und wohlgerüstete Leute; es 
brauchte mehr als acht Tage zum Uebergange über die Donau (bei 
Orsowa). Einige kleinere Donaufestungen und selbst Widdin fielen 
nach kurzem Widerstande in die Hände der Abendländer, aber diese er¬ 
sten leichten Siege steigerten den Uebermuth der jungen französischen 
Ritter bis zur unbegreiflichsten Sorglosigkeit und Ueppigkeit. Um die 
Mitte des September 1396 begannen sie die Belagerung von Niko- 
polis. Auf diese Nachricht hob- Bajesid sofort die begonnene Belage¬ 
rung von Constantiuopel auf und erschien Plötzlich mit 120,000 Mann 
zum Entsätze von Nikopolis. Obgleich Sigmund, welcher mit dem 
Türkenkriege schon vertrauter war, rieth, sein Fußvolk den leichten os- 
manischen Truppen im Vordertreffen entgegenzustellen, so bestanden doch 
die vom Weine erhitzten jungen französischen Ritter darauf, daß ihnen 
das Vordertreffen und die Ehre des ersten Angriffes eingeräumt werden 
müsse. Wirklich durchbrachen sie nicht nur die erste Schlachtlinie (der 
Janitscharen), sondern auch die Hauptmasse der osmauischen Reiterei, 
aber in der Hitze der Verfolgung stießen sie auf das noch frische Re¬ 
servecorps von 40,000 Mann auserlesener Reiterei, bei welchem sich 
Bajesid selbst befand. Da überflügelte wiederum (wie bei Kossowa) 
die leichte osmanische Reiterei schnell die schwcrbepanzertcn Pferde der 
christlichen Ritter, die von dem mehrstündigen Kampfe schon erschöpft 
waren und richteten unter ihnen ein furchtbares Blutbad an. Sigmund, 
welcher bis zum letzten Augenblicke auf dem Schlachtfelde geblieben war, 
entkam mit genauer Noth nach der Donau und auf die an deren Aus¬ 
flusse' liegende Flotte der Rhodiser und Venetianer, welche ihn nach 
Dalmatien brachte. Auch die Osmauen hatten den Sieg theuer er¬ 
kauft; mehr als die Hälfte (angeblich 60,000 Mann) ihrer besten 
Truppen deckten zugleich mit den Christen das Schlachtfeld. Bajesid, 
selbst leicht verwundet, ließ am Tage nach der Schlacht noch mehr als 
3000 gefangene Ritter vor seinem Zelte mit entsetzlicher Kaltblütigkeit 
hinmorden. 
Dieser Ausgang der Schlacht von Nikopolis würde dem byzantini¬ 
schen Reiche den Todesstoß gegeben und den Osmanen den Weg in das 
westliche Europa gebahnt haben, wenn nicht ein neuer Mongolensturm 
von Osten her die natürliche Entwickelung des osmauischen Reiches in 
Europa aufgehalten hätte. 
Schon 1369 hatte Timurlenk (d. h. Timur der Lahme, durch 
eine falsche Alliteration gewöhnlich Tamerlan genannt), nach Besiegung 
des Beherrschers von Chorasan und Transopiana, seine Residenz in 
Samarkand in der großen Bucharei aufgeschlagen, von wo ans er seine 
Eroberungen nach allen Weltgegenden hin über ganz Asien ausdchnte. 
Nachdem er Persien erobert, gab er seinem Weltsturme eine nördliche
	        
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