Einleitung. 
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mué), geriethen die Aethiopen in Afrika und Aegypten, und die mongo¬ 
lischen Stämme Hochasiens auf einen häßlichen Thierdienst, indem sie 
Götter in Thiergestalt verehrten, oder sie erwiesen leblosen Dingen göttliche 
Ehre (Fetischismus). Dieselbe Verschiedenheit zeigt sich auch im C u l tu s 
und in den Opfern. Die Griechen und Römer veranstalteten ihren Göttern 
fröhliche Feste, an denen sie die geopferten Thiere und dargebrachten Früchte 
im Freundeskreise verzehrten, indeß minder cultivirte Völker auf ihren Altä¬ 
ren Menschen schlachteten, um durch Blut den Groll der feindseligen Mächte 
(als welche sie sich ihre Gottheiten dachten) zu versöhnen, und die phönizi- 
schen und syrischen Stämme sogar ihre eigenen Kinder als Sühnopfer bei 
Unglücksfällen in die Arme eines glühenden Götzenbildes, Moloch, legten. 
§. 8. Religionsw esen d er Griechen und Röm er. Am heitersten 
gestaltete sich der Polytheismus bei den Griechen, deren Göttersagen (My¬ 
then, daher Mythologie) die Römer spater größtentheils annahmen und mit 
ihrem einheimischen Religionswesen verbanden oder verschmolzen. Nach der reli¬ 
giösen Anschauungsweise der Griechen, die in ihrer Mythologie eine Periode der 
weltschöpferischen Naturkräfte (theogonisches System) und der 
weltreg i eren den Machte (olympische Götter) unterscheiden, war im 
Anfang das Weltall eine rohe, formlose Masse, Chaos, aus dem sich die „breit- 
brüstige" Erde (Gaa, Ge), die Unterwelt (Tartaros), der Himmel 
(Uranos) und das schöpferische Urwesen, die Liebe (Eros) als selbständige 
Götterwesen ausschieden. Die Erde erzeugte dann Wesen von übermenschlicher 
Größe und Kraft, die Titanen, die zuerst die Herrschaft führten, bis ein gei¬ 
stigeres Geschlecht, das sich um den Himmelskönig Zeus (Jupiter) gruppirte, 
sie ihnen abnahm, die himmelstürmenden Titanen und Giganten bezwang 
und sie in den Abgrund der Erde begrub. Nachdem so die wilden Naturkräfte 
und die Gewalt der Elemente gebändigt waren, thronte Zeus auf dem „vielge¬ 
zackten" Olympos, während Pluton das finstere Reich der Unterwelt (Ha- * 
des, Tartaros, Orcus) beherrschte und Poseidon mit seinem Dreizack den 
Wogen des Meeres gebot. Daneben sind Wälder und Berge, Felder und Wiesen, 
Flüsse und Seen mit einer Unzahl göttlicher Wesen (Nymphen, Nereiden, 
Tritonen, die durch zauberischen Gesang ins Verderben lockenden Sirenen 
u. A.) belebt, die oft in die menschlichen Schicksale eingreisen; und ein Heroen¬ 
geschlecht, das von Zeus seinen Ursprung herleitet, steht als verbindende Kette 
zwischen den Göttern und Menschen da, so wie wieder die Kluft zwischen dem 
sinnlichen Menschen und dem Thierreiche durch das niedere Göttergeschlecht der 
Satyrn und Faune, die menschliche und thierische Eigenschaften vereinigt be¬ 
sitzen, vermittelt ist. Die Beziehungen des Menschen zu dieser mit Freiheit und 
Schönheit begabten und in den vollendetsten Werken griechischer Kunst und Poesie 
dargestellten Götterwelt sind sehr mannichfaltig. Von der Geburt an steht dem 
Menschen durchs ganze Leben ein Dämon (Genius) zur Seite und wirkt auf 
seine Entschließungen und Handlungen ein, ohne jedoch die Freiheit seines Wil¬ 
lens zu beschränken. Der häusliche Heerd ist der Sitz heiliger Haus- und Fa¬ 
miliengötter (Laren, Penaten), welche die menschliche Wohnung vor 
Unheil bewahren; und jedes wichtige Lebensereigniß steht unter der Obhut einer 
besonderen Gottheit. DurchOrakel und Weissagungen gestatten die Himm¬ 
lischen dem Erdbewohner einen Blick in die Zukunft. Im Gegensatz zu der christ¬ 
lichen Anschauung, wonach das Erdenleben nur als Prüfungs- und Uebergangs-
	        
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