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Die Uebermacht der Kirche im Zeitalter der Kreuzzüge. 
und wahr; aber die Tiefe des Gefühls, die Einfalt, die aufrichtige Religiosität, die er zu¬ 
gleich an den Lag legt, beweisen, daß seine Persönlichkeit ihn über seine Zeit erhob, und 
tröstet den Vaterlandsfreund, dessen Gemüth durch die von Lambert erzählten Zustände 
deutscher Nation verwundet ist, mit dem Gedanken, daß fern vom Getümmel der Welt 
auch damals Hunderte leben mochten, welche diesem Manne glichen." Dabei ist sein Styl 
rein, würdig und natürlich. — Ein parteiischer Vertheidiger des Kaisers ist Bischof 
Otbert von Lüttich, in einer übersichtlichen Lebensgeschichte Heinrichs IV., wogegen 
Walram, der Verfechter der kirchlichen Einheit, als Eiferer für das Papstthum auftritt, 
und Brun o in seiner Geschichte des sächsischen Kriegs als heftiger Schutzredner 
der sächsischen Aristokratie erscheint. — Für die Geschichte des Nordens sind von Wichtig¬ 
keit : Saxo Grammaticus, st 1203, Geheimschreiber des Erzbischofs von Roeskild, und 
Adam von Bremen, ein Freund Kanuts des Großen (§. 285). Jener verfaßte eine 
d änische G esch ich te von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1180, worin er die nor¬ 
dischen Sagen rhetorisch ausschmückte und in klassisches Latein kleidete, der letztere schrieb 
eine Kirch e n gesch i ch te, die minder correct in Styl und Zeitrechnung als Saxo's dä¬ 
nische Geschichte, doch ein ehrenwerthes Denkmal ächtcrReligiosität und frommer Begeiste¬ 
rung ist. Der Abt Wibald von Corvey, Minister, Diplomat und Reichsverweser des 
Hohenstaufen Konrads III., glänzte nicht minder als großer Gelehrter und Philosoph, wie 
als praktischer Staatsmann. Als Kenner der griechischen und lateinischen Sprache besorgte 
er des Kaisers Korrespondenz; seine S taat s sch ri ften und Aufsätze sind später ge¬ 
sammelt worden. 
Unter den Geistlichen, die sich mit realen Wissenschaften, besonders mit Ma¬ 
thematik, Physik und praktischer Mechanik abgaben, und Andere durch Be¬ 
lehrung zu demselben Studium anfeuerten, steht Otto's III. Lehrer Gerbert (Z. 292.) 
oben an. Meisterin der Philosophie, Mathematik, Astronomie und allen Wissenschaften 
seiner Zeit hat er nicht blos eine Menge Lehrbücher verfaßt, sondern auch Erd- und Him¬ 
melskugeln und Sonnenuhren verfertigt, und durch seine physikalischen und chemischen 
Experimente die Bewunderung seiner Zeitgenossen in solchem Grade erregt, daß man ihn 
für einen Hexenmeister hielt. Er bewirkte hauptsächlich die Einführung der arabischen Zif¬ 
fern. Neben Gerbert erwarben sich zwei deutsche Bischöfe, die nicht in der Fremde ihre 
Kenntnisse geholt, unsterbliche Verdienste um die Bildung von Künstlern, Architekten und 
Lehrern: Meinwerk, Bischof von Paderborn (st 1036), ein Verwandter der königlichen 
Familie, und Bernward von Hildesheim, beide eifrige Beschützer der Künste und Ge¬ 
werke. Von dem letztcrn heißt es: „Er begünstigte nicht nur Maler, Ebenisten, Kunst¬ 
schreiner, Goldarbeiter und Juweliere, sondern er verschaffte sich auch jede künstliche Arbeit 
und jedes Geräth, welches irgend etwas Besonderes an sich hatte, um es seinen deutschen 
Künstlern als Muster in die Hand zu geben." Auf kostbare Gewänder von farbiger Seide 
und Wolle, und auf kunstreiche Gefäße von edlen Metallen setzte man großen Werth. 
VI. Die Uebermacht der Kirche im Zeitalter der 
Kreuzzüge. 
1. Der erste Kreuzzug (fi«96—mmh»), 
§.301. D i e morgenlandische Welt. 1) Das byzantinische 
(o st r ö m i sch e) Reich. Das byzantinische Reich ging langsamen Schrittes 
seinem Verfall entgegen. Ein sittenloser, wollüstiger Hof, wo Ranke, Buhlereien 
und sinnliche Genüsse die Würze des Lebens bilderen; ein mächtiger, herrschsüch-
	        
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