Erfindungen und Entdeckungen. 5
über den indischen Océan nach der Malabarischen Küste segelte und in
den Hafen von Calicut einfuhr.
§. 420. Da der Beherrscher (Samorin) von Calicut, aufgestiftet
von den neidischen Mohammedanern, die bisher im Alleinbesitz des Handels
gewesen, feindselig gegen die Portugiesen auftrat, so beschlossen diese, sich
mit Gewalt Niederlassungen in Ostindien zu erkämpfen. Dieses schwierige
Unternehmen wurde mit solcher Ausdauer und solchem Heldenmuthe aus¬
geführt, daß es den großartigsten Unternehmungen des Alterthums würdig
zur Seite treten kann. Zwietracht der,indischen Fürsten kam den Portugiesen
zu Statten. Im Bunde mit dem Beherrscher von Cochin kämpften zuerst
Vasco de Ga ma und Cabral (der bei der Ueberfahrt Brasilien ent¬
deckt und für Portugal in Besitz genommen) mit Glück wider den Samorin.
Vor Allen aber waren es Almeida und der heldenmüthige Albuguergue,
die Portugals Macht in Indien begründeten und, wie einst die Hellenen, den
Beweis lieferten, daß eine von Ehrgefühl, Ruhmbegierde und Vaterlands¬
liebe begeisterte und von europäischer Kriegskunst unterstützte kleine Schaar
stets den Sieg über die despotisch regierten Massen des Orients davon trägt.
Almeida, ein vaterländisch gesinnter Mann, gewann eine glorreiche Schlacht
über die vielfach überlegenen Streitkrafte der Inder und Mohammedaner, machte
mehrere Fürsten zinspflichtig und zwang sie, die Oberhoheit Portugals anzu-
erkennen und die Anlegung von Factoreien in ihren Hauptstädten zu gestatten.
Nach Almeida, der auf der Rückkehr von den wilden Hottentotten erschlagen
wurde, erhielt Alfons von Albuquerque, bei dem Heldensinn mit Weisbeit gepaart
war, die indische Statthalterschaft, zu deren Hauptsitz er das mit der größten
Tapferkeit und Ausdauer eroberte Goa erkor. Mit 800 Portugiesen erstürmte
er dann Malacca, den Stapelplatz des hinterindischen Handels, brachte den
Beherrscher von Ormuz im persischen Meerbusen und mehrere andere Fürsten
zur Unterwerfung und machte Emanuels Namen geachtet und gefürchtet. Aber
dieser lohnte dem treuen Diener mit Undank; der Kummer darüber brach dem
Helden das Herz, er entschlummerte im Angesichte Goa's. — In den nächsten
Jahrzehnten gründeten die Portugiesen Niederlassungen und Factoreien auf der
Insel Ceylon und der Küste Coromandel und unterwarfen sich die gewürz¬
reichen Molukken und Sundainseln; selbst das Christenthum mußte ihnen
zur Erweiterung ihres Handels dienen. Aber bald wich der Heldengeist dem
Eigennutz und der Gewinnsucht; leicht erworbener Reichthum erzeugte Verweich¬
lichung und Ueppigkeit; Druck und Ungerechtigkeit machte die Herrschaft der Por¬
tugiesen verhaßt und bewirkte ihren baldigen Verfall. — Die Entdeckung der
neuen Handelsstraße war ein Todesstoß für Venedig und Genua. Lange war
Lissabon der Sitz des Welthandels, bis Mangel an eigener Industrie und die
Schätze des Auslandes Schlaffheit hervorbrachten und das durch den neuen Han¬
dels- und Eroberungsgeist gegründete Bürgerthum seine Freiheit an die unbe¬
schrankte Königsmacht und an die vielvermögende Geistlichkeit einbüßte.
e) Entdeckung von Amerika durch Christoph Columbus.
§. 421. Der Entdeckungselfer, den die portugiesischen Unternehmungen
geweckt, führte einen der kühnsten Geister, deren die Weltgeschichte gedenkt,
1300.
1509.
1515.