Full text: Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt

210 XIV. §. 7. Weitere Ausdehnung des Römerreichs nach Osten. 
kräftiger entwickeln. Die republikanischen Heere waren sammt der 
ganzen republikanischen Staatsfarm verrottet und durch tiefgreifende 
sittliche Fäulniß ohnmächtig gemacht und konnten nach keiner Seite 
dem römischen Namen Ehrfurcht erwecken. Die Gewalthaber hatten 
aber ihre letzte und einzige Hoffnung im Heere. Es mußte also ihr 
Hauptanliegen sein, sich ein tapferes, sieghaftes, ihnen völlig ergebe¬ 
nes Heer zu verschaffen. Die Anwerbung dieses Heeres (zum Theil 
aus germanischen, keltischen und anderen barbarischen kraftvollen 
Söldnern) und dessen Abhärtung und Einübung war die wesentliche 
Vorbedingung, um zu Macht und Einfluß zu gelangen; und kriege¬ 
rischer Ruhm sammt reicher Beute das vorzüglichste Mittel, um das 
Heer und das Volk in günstiger Stimmung zu erhalten. Daher 
hatte auch Sulla, um neben dem gepriesenen Germanenüberwinder 
Marius in die Höhe zu kommen, vor allen Dingen seine Legionen 
nach Asien geführt, um von dort rückkehrend, mit Ruhm gekrönt, 
mit Beute beladen, der Anhänglichkeit seines Heeres gewiß, desto 
dreister die Hand nach der Alleinherrschaft ausftrecken zu können. Er 
hatte aber in Asien einen gefährlichen Feind zu bekämpfen, den Kö¬ 
nig Mithridates in Pontus. 
Lange Zeit nach der Schlacht von Magnesia (190) hatten keine 
römischen Kriegöheere Asien mehr betreten, und das ganze Klein- 
Asien war unter einheimische Könige vertheilt geblieben. Erst 133 
(zur Zeit des Tiberius Gracchus und des Falles von Nu- 
mantia) hatten die Römer durch Erbschleicherei ein Stück von Klein- 
Asien für sich selber gewonnen und zur Provinz gemacht, nämlich 
das pergamenische Reich, welches die Landschaften Mysien, Ly¬ 
dien, Phrygien und Pamphylien umfaßte. Hier hatten die römischen 
Beamten, wie überall in den Provinzen, ihr Erpressungs- und Aus- 
saugegeschäft mit solch schonungsloser Härte und Habgier betrieben, 
daß der römische Name durch ganz Asien auf'sAeußerste verhaßt geworden 
war. Als nun der junge unternehmende König von Pontus, Mithri¬ 
dates, von Kindheit auf mit brennendem Haß gegen die Römer erfüllt, 
die Zeiten der Bundesgenoffenkriege in Italien (90) benutzte, um sein 
kleines Reich zu erweitern, da fielen ihm alle Asiaten zu, und er 
konnte in kurzer Zeit nicht bloß sich zum Herrn des ganzen Klein- 
Asiens machen, sondern auch den furchtbaren Befehl zur Ausführung 
bringen, daß auf einen bestimmten Tag in allen Städten des Lan¬ 
des alle Römer ohne Unterschied des Geschlechts und Alters hinge¬ 
würgt würden (es sollen an 120,000 gefallen sein). Vor den Heeren 
des Sulla mußte er jetzt (87 bis 84) aus Griechenland, das er
	        
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