Full text: Leitfaden der Weltgeschichte für die höheren Classen evangelischer Gymnasien und Realschulen, sowie zum Privatgebrauch für Lehrer und für Gebildete überhaupt

XXV. §. 7. Dir französische Revolution. 893 
heiten und Verbrechen, daS mußte der König gutheißen. Die Pa¬ 
riser Citadelle, die Bastille, ward unter greulichen Abschlachtungen vom 
Pöbel zerstört, und der König — billigte das. Die königlichen Trup¬ 
pen in Paris wurden vom Pöbel meuterisch überfallen, es wäre ihnen 
ein LeichteS gewesen, diese elenden Haufen zurückzuwerfen; aber sie 
durften sich nicht wehren, sie mußten sich aus der Stadt, aus der 
Umgegend zurückziehen, wehrlos übergab der König sich und seine 
Treuen den thierischen Leidenschaften der gereizten Pöbelrotten. Er 
„wollte nicht, daß um seinetwillen ein Tropfen Bürgerblut vergossen 
würde," und sah nicht ein, daß er durch seine pflichtvergessene Weichher¬ 
zigkeit ganz Frankreich in einen ungeheuren Pfuhl unschuldig vergossenen 
Blutes verwandelte, in dem auch er selbst mit all den Seinigen ersticken 
sollte. O wie haben sie gegen ihn um Rache geschrieen, alle die 
Seelen Derer, die um des Unverstandes und der feigen Gutherzigkeit 
deS Königs willen unter den Mordfäusten der Pikenmänner und Kan¬ 
nibalen in Paris und ganz Frankreich einen martervollen Tod erdul¬ 
deten. Alle die getreuen Freunde des Königs, welche ohne Weiteres 
auf den Straßen aufgegriffen und an die Laternenpfähle aufgeknüpft 
wurden, alle die Köpfe der bis in den Tod getreuen Leibgardisten, die 
auf Piken vor dem Wagen des Königs her mit rasendem Tanz und 
Gebrüll von Versailles nach Paris geschleppt wurden, alle die in 
ihren Schlössern und Landhäusern niedergemachten Adligen, die er¬ 
schlagenen, ersäuften, niedergestoßenen, erschossenen oder erwürgten 
ruhigen Bürger der treuen Städte, sie klagten laut den schwachen 
König an, daß er seines Amtes nicht wahrgenommen, daß er das 
Schwert, welches Gott ihm anvertraut, zu verbrecherischen Ge- 
waltthaten dem Pöbel in die Hände geliefert habe. Und schon wurde 
das Schwert wider ihn selber gekehrt. Schon, als die tobende Rotte 
von Taugenichtsen und Megären mit dem Nationalgardehelden, dem 
schwachköpftgen und haltlosen La faye tte an der Spitze, den Monar¬ 
chen als einen Gefangenen aus seiner Residenz Versailles nach Paris 
holte, hatten sie das Leben der Königin und sein eignes Leben be¬ 
droht. Aus der Gefangenschaft in seinem Schlosse in Paris war 
dann kein Entweichen mehr. Da er es im Juni 1791 versuchte und 
schon fast die Grenze erreicht hatte, ward er erkannt und als ein ent¬ 
sprungener Sträfling zurückgebracht, als ein zum Tode verurtheilter 
Miffethäter in den Gemächern seines Schlosses bewacht. Ein Jahr 
später ertönte das toddrohende Wuthgebrüll des trunkenen Mörder- 
haufenS schon in den Gängen und Sälen, in dem Cabinet deS Kö¬ 
nigs selbst, schon streckten sich nach der geheiligten Person des Königs 
v. Rohdcr», Leitfaden. 38
	        
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